EU-Aus für Leuchtstoffröhren – warum Anlagenbetreiber jetzt handeln sollten

Seit 1. September 2023 dürfen keine Leuchtstofflampen der gängigen Bauform T8 mehr in Verkehr gebracht werden. Für die Industrie bedeutet das eine Zäsur – und auch Betreiber von explosionsgefährdeten Anlagen müssen mit den Folgen umgehen.

Der Siegeszug der „T8“ war legendär: Die noch heute fälschlicher Weise häufig als „Neonröhre“ bezeichnete Lampe wurde seit ihrer Einführung im vergangenen Jahrhundert zig-millionenfach verbaut – in Wohngebäuden, aber vor allem auch in der Industrie. „T8“ steht dabei für eine Röhre (Tube) mit einem Durchmesser von acht Achtel Zoll, d.h. rund 26 Millimetern. Der kleinere Bruder, T5, misst entsprechend 5/8 Zoll – also rund 16 Millimeter.

Dass die T8 bis heute so beliebt geworden ist, lag ursprünglich vor allem an ihrer im Vergleich zu Glühlampen hohen Lichtausbeute, die mit einer Kombination aus Leuchtschicht am Inneren des Glasrohrs und einer Füllung aus Quecksilber und Edelgas erreicht wird.

Die EU hat Leuchtstoffröhren dennoch den Todesstoß versetzt – und das hat mehrere Gründe: Die Kommission trägt damit sowohl dem technischen Fortschritt als auch dem Umweltschutz Rechnung. Einerseits gibt es inzwischen deutlich energieeffizientere Lösungen und auf der anderen Seite ist der in den Leuchtstoffröhren eingesetzte Quecksilberdampf schon lange insbesondere bei der Entsorgung ein Gesundheits- und Umweltproblem.

EU will 49 Terrawatt-Stunden Strom sparen

Mit der 2019 auf den Weg gebrachten Ökodesign-Verordnung will die EU bis 2030 mehr als 49 Terrawatt-Stunden durch den Einsatz energieeffizienter Geräte einsparen – das entspricht knapp ein Zehntel des gesamten deutschen Jahresbedarfs an Strom. Dass der Ersatz von T8-Leuchtstofflampen hierbei einen großen Beitrag leisten kann, verdeutlicht ein Beispiel aus der Industrie: Ersetzt man in einer Raffinerie 50.000 Leuchtstofflampen zu je 58 Watt durch LED-Leuchten mit vergleichbarer Lichtleistung, lassen sich dadurch bei einer durchschnittlichen täglichen Einschaltdauer von zwölf Stunden Jahr für Jahr über sechs Millionen Kilowattstunden einsparen. Auch an Chemiestandorten ist das Potenzial groß: So betreibt beispielsweise der Chemieriese BASF alleine in Ludwigshafen geschätzt über 200.000 Lichtpunkte.

Das Sparpotenzial hat die EU-Kommission erkannt: Die Verordnung 2019/2020/EU „Ökodesign-Anforderungen an Lichtquellen“ definiert deshalb deutlich höhere Anforderungen an Leuchtmittel – mit der Folge, dass T8-Lampen in den Längen 600, 1.200 und 1.500 mm seit 1. September 2023 nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Im Februar 2022 wurde das Aus für Leuchtstofflampen sogar noch vorgezogen: Mit zwölf neuen delegierten Richtlinien zur RoHS-Richtlinie (2011/65/EU) – einer Verordnung, die das Inverkehrbringen gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräte regelt – hat die EU-Kommission Ausnahmen für den Einsatz von Quecksilber in Beleuchtungskörpern kassiert: T8- und T5-Leuchtstofflampen dürfen demnach bereits seit 25. August 2023 nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Händler in der EU können seitdem nur noch Restbestände verkaufen.

Ausnahmen für den Ex-Bereich

Doch wie so häufig im Leben gibt es auch hier keine Regel ohne Ausnahmen. Diese definiert die EU im Anhang III zur Richtlinie 2019/2020/EU. Für Industrieunternehmen und insbesondere die Prozessindustrie relevant sind beispielswiese Lichtquellen und separate Betriebsgeräte, die in explosionsgefährdeten Bereichen oder für die Sicherheitsbeleuchtung eingesetzt werden. Einen umfassenden Freifahrtschein bedeutet das allerdings nicht. Denn die dort eingesetzten Leuchtstofflampen müssen auch nach der neuen Richtlinie „im Einklang mit den genannten Rechtsvorschriften sein“, darunter der Richtlinie 2014/34/EU (ATEX), sowie „nach relevanten Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten speziell für die genannte Betriebsbedingung oder Anwendung geprüft“ sein.

Die Formulierungen im Amtsblatt der Europäischen Union vom 5.12.2019 klingen, als ob deren Macher die zum Teil negativen Erfahrungen beim Ausphasen anderer Betriebsmittel und deren Beschaffung aus wenig vertrauenswürdigen Quellen noch sehr präsent gewesen sind: Ausdrücklich fordert die Ausnahmeregelung für Leuchtstofflampen in besonderen Anwendungen einen Nachweis dafür, dass „das Produkt speziell für die genannte Betriebsbedingung oder Anwendung zugelassen wurde.“

Umstieg auf LED-Technologie planen

Während die definierten Ausnahmeregelungen darauf zielen, dass gerade in den sensiblen Anwendungen keine qualitativ unzureichenden oder ungeprüften Leuchtmittel zum Einsatz kommen, sollten Betreiber allerdings auch Marktmechanismen in ihrer Ersatzteilplanung berücksichtigen: Für die Industrie ist zu erwarten, dass aufgrund der deutlich sinkenden Herstellmengen die Preise für die wenigen, noch offiziell verkaufbaren Lichtquellen stark ansteigen werden. Gut, wer dann einen Vorrat an Leuchtmitteln besitzt, besser, wer die Umrüstung auf moderne Lichtquellen plant oder bereits in Angriff genommen hat. Auch steigende Preise für LED-Leuchten sind wahrscheinlich.

Ein schneller Umstieg auf LED-Leuchten als vollwertige Alternative zu Leuchtstofflampen wird vor diesem Hintergrund immer attraktiver. So lässt sich der Ersatz von Leuchtstofflampen auf LED gleich auf mehrere Weisen rechnen: Die niedrigeren Stromkosten – eine LED-Lösung benötigt gegenüber einer Leuchtstoffröhre bei vergleichbarer Lichtleistung nur etwa halb so viel elektrischen Energie – sind dabei nur ein, wenn auch immer wichtigerer Aspekt. Hat sich ein Unternehmen Nachhaltigkeitsziele gesetzt, so lassen sich sehr schnell Erfolge beim Strombedarf für die Beleuchtung erzielen, wenn Leuchtstofflampen durch LED-Leuchten ersetzt werden.

Wer seine Leuchten mit Leuchtstofflampen auf LED-Systeme umstellt, kann zudem eine Umweltförderung beantragen: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert Investitionen in LED-Technik mit bis zu 20 %. Die Förderung gilt sowohl für den Austausch von existierenden Beleuchtungssystemen, als auch für die Steuerung und Regelungstechnik. Wichtig ist auch bei diesem Förderprogramm, dass der Förderantrag bereits vor Beginn des Sanierungsvorhabens gestellt werden muss. Das Förderprogramm läuft noch bis 31.12.2030.

Wartungskosten sind entscheidend

Was bei der Beschaffung von Leuchten oft übersehen wird: Höhere Investitionskosten, wie sie beim Einsatz von LED-Leuchten anfallen, haben in der Regel den kleinsten Anteil an den Lebenszykluskosten. Viel entscheidender sind auf Dauer die Wartungskosten. Leuchtstofflampen erreichen lediglich ein Viertel bis ein Fünftel der Lebensdauer von entsprechenden LED-Leuchten und verlieren in dieser Zeit auch deutlich wahrnehmbar an Lichtstärke.

In der Prozessindustrie ist der Austausch von Leuchtmitteln im Zuge der Anlagenwartung, insbesondere in explosionsgefährdeten Bereichen, mit einem hohen Aufwand verbunden. Weniger Wartungszyklen bei LED-Leuchten, die eine Lebensdauer von 50.000 bis 100.000 Stunden erreichen, bedeuten für den Betreiber massive Kosteneinsparungen. Denn jeder Instandhaltungsarbeit im Ex-Bereich muss eine Gefährdungsbeurteilung vorausgehen und es müssen entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden. Zudem dürfen Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen nur von besonders qualifizierten Mitarbeitern geplant und ausgeführt werden – sonst drohen haftungsrechtliche Konsequenzen.

Und noch ein weiterer Aspekt spricht für den Umstieg auf LED-Leuchten: Diese lassen sich digitalisieren und damit überwachen. Denn weil Licht in Anlagen der Prozessindustrie sicherheitsrelevant ist, muss die Beleuchtung regelmäßig inspiziert werden – im Fall von selbstversorgten Sicherheitsleuchten sogar jede Woche. Die manuelle Inspektion lässt sich dabei durch Digitalisierung über das nach IEC 62386 standardisierte Digital Addressable Lighting Interface, kurz „DALI“ ersetzen. Dieses macht es möglich, Leuchten nicht nur individuell zu steuern, sondern diese auch permanent zu überwachen. Das ersetzt nicht nur den Rundgang, sondern ermöglicht es, für jede Leuchte individuelle Wartungszyklen zu definieren und Wartungstermine zu planen.

Fazit

Der Umstieg von klassischen Leuchtstoff-Lampen auf moderne LED-Beleuchtung in Industrieanlagen wurde durch das Verbot der EU weiter befeuert. Auch wenn für den explosionsgefährdeten Bereich Ausnahmen gelten, sprechen viele Argumente für den Umstieg auf die sparsame und langlebige LED-Technik.

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  • Karl Strohmeier 08.03.2023
    Hallo,

    ein interesanter Artikel aber wo ist der praktische Bezug der Umstellung auf
    LED-Lampen zu R. STAHL bzw. welcher Geschäftsbereich wird davon tangiert? Ein weniger aus technischer Sicht, eher aus Aktionärssicht wie für mich doch wichtiger Sachverhalt, oder?
    • Rico Schulz 09.03.2023
      Der betroffene Geschäftsbereich von R. STAHL ist der Bereich Beleuchtung.
      Der praktische Bezug: alle Kunden müssen früher oder später tauschen. Das kostet Geld. Daher ist eine Amortisationsrechnung unabdingbar, um diese Sonderausgaben für das Facility zu argumentieren. Diese wird vorrangig über die Betriebskosten geführt: Anschaffung ist von geringerer Bedeutung - Installationszeit und mögliche (Prozess-) Ausfallzeiten sind entscheidender für die Kosten. Gerade beim Facility werden die Anschaffungskosten in den Vordergrund gestellt. Wie ich finde: vollkommen zu unrecht. Es ist in der Gesamtkostenanalyse sogar schon als unwichtig zu bezeichnen in Anbetracht von Betriebskosten (Strom und CO2) und Wartungskosten (Austausch der Elektronik oder von Verbrauchsteilen, wie die Batterie) inklusive der Ausfallzeiten und Rüstzeiten. Trotzdem werden die Einkaufspreise gedrückt und hochwertige technische Lösungen in einen Wettbewerb mit preiswerten, ostasiatischen Lösungen gestellt. Dieser Kostendruck erfolgt sehr kurzsichtig.

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