5 typische Fehler beim Nachweis der Eigensicherheit

Für eigensichere Stromkreise wird ein Nachweis und die Dokumentation der Eigensicherheit entsprechend den Errichtungsbestimmungen IEC EN 60079-14 verlangt. In der Praxis unterlaufen dabei jedoch auch mal Fehler. Vermeiden Sie die fünf typischsten Fehler aus der Praxis.

1. Die Kombination von internen Kapazitäten und Induktivitäten des Verbrauchers wird nicht beachtet!

Für den Nachweis der Eigensicherheit müssen Sie die Ausgangsparameter der Quelle mit den Eingangsparametern des Verbrauchers vergleichen. Generell gilt: Die Ausgangswerte Spannung, Strom und Leistung müssen kleiner als die Eingangsparameter sein. Die Werte für die maximal anschließbare Kapazität Co und Induktivität Lo der Quelle sollen größer als die Summe aus den Werten der internen Kapazität Ci und der internen Induktivität Li der Senke und denen des Kabels sein. Diese Betrachtung gilt aber nur solange die Bedingung erfüllt ist, dass Ci = 0 (oder vernachlässigbar) oder/und Li = 0 (oder vernachlässigbar) ist.

Ist diese Bedingung nicht erfüllt, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Der Hersteller der eigensicheren Quelle hat zusätzliche Werte für den Anschluss von Verbrauchern mit kombinierten Kapazitäten und Induktivitäten bescheinigt. In der Regel finden Sie eine Tabelle mit mehreren Wertepaaren für Co und Lo in der Betriebsanleitung oder der EU/EG-Baumusterprüfbescheinigung. 
  • Sie nutzen die sogenannte „50%-Regel“. Diese Vorgehensweise ist in der EN 60079-11 beschrieben. Sie erlaubt zunächst den Einsatz der maximalen Werte Co und Lo, solange die Bedingung erfüllt ist, dass Li< 1% von Lo oder Ci < 1% von Co ist. In anderen Worten: Man kann in diesen Fällen so tun, als ob Ci oder Li gleich Null ist. Sollte diese Bedingung nicht erfüllt werden können, dann dürfen Sie die Werte der maximal zulässigen Kapazität Co und Induktivität Lo halbieren und damit den Nachweis der Eigensicherheit wie gewohnt durchführen.

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  • In der IEC EN 60079-25 wird eine grafische Lösung beschrieben, die in der Regel für die Zusammenschaltung von nicht-linearen Quellen eingesetzt wird. Diese Methode kann auch für diesen Fall eingesetzt werden. Allerdings schränkt die Norm die Anwendung dieser Methode auf Ex ib Stromkreise ein.

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  • R. STAHL bietet den Nachweis der Eigensicherheit als Dienstleistung an. Wir übernehmen für Sie die Prüfung der Daten und erstellen ein Dokument.

2. Das Kabel wird als potentieller Energiespeicher beim Nachweis der Eigensicherheit vergessen!

Beim Nachweis der Eigensicherheit kommt es vor, dass beim Vergleich der Werte für Kapazität und Induktivität der Beitrag des Kabels vergessen wird. Kabel sind jedoch potentielle Energiespeicher! Der Wert wird über den Kapazitäts- und Induktivitätsbelag des Kabels und der Länge des Kabels berechnet. Wenn der Nachweis der Eigensicherheit nicht gelingt, bieten sich zwei Möglichkeiten an:

  • Verwendung der Parameter, die von dem Hersteller des Kabels genannt werden. Diese Parameter sind in der Regel niedriger als die in der Norm genannten Werte von 1 mH/km und 200nF/km.
  • Prüfung, ob die Anforderung der Explosionsgruppe IIC erfüllt wird. Sollte IIB ausreichen, können die deutlich höheren Grenzwerte für C und L entsprechend dieser Explosionsgruppe verwendet werden.

3. Die Bewertung für ein einfaches elektrisches Betriebsmittel fehlt!

Nicht alle Komponenten müssen für den Einsatz in eigensicheren Stromkreisen eine EU/EG-Baumusterprüfbescheinigung vorweisen. Die Ausnahme bilden die sogenannten einfachen elektrischen Betriebsmittel. Diese Betriebsmittel sind gekennzeichnet durch einen einfachen Aufbau, der vom Anwender beurteilt werden kann. Ein einfaches elektrisches Betriebsmittel darf die Eigensicherheit des Stromkreises nicht beeinträchtigen.

Die Norm IEC EN 60079-11 beschreibt drei Arten von einfachen elektrischen Betriebsmitteln:

  1. Passive Bauelemente, z.B. Schalter, Verteilerkästen, Widerstände und einfache Halbleiterkomponenten.
  2. Energiespeicher aus einzelnen Bauelementen mit genau festgelegten Parametern
  3. Energiequelle, z.B. Thermoelemente, die nicht mehr als 1,5 V, 100 mA und 25 mW erzeugen.

Auch diese einfachen Betriebsmittel müssen bewertet und das Ergebnis dokumentiert werden.

Der detaillierte Umgang mit einfachen Betriebsmitteln wird in der IEC EN 60079-11 und 60079-14 beschrieben. Auf einige Punkte soll besonders hingewiesen werden:

  • Prüfen Sie, ob Sie den Aufbau des Gerätes/der Komponente vollständig beurteilen können.
  • Prüfen Sie, ob das Gerät/die Komponenten einem der oben erwähnten Grundarten entspricht.
  • Ermitteln Sie die maximale Oberflächentemperatur.
  • Prüfen Sie die Luft- und Kriechstrecken und ob der IP-Schutz zur Anwendung passt. Bei eindringender Feuchtigkeit können die Luft- und Kriechstrecken ihre Funktion nicht mehr erfüllen. 
  • Prüfen Sie die Beschaffenheit der Gehäuseoberfläche hinsichtlich der elektrostatischen Aufladung. Hinweise dazu finden sich in der IEC EN 60079-0. 
  • Dokumentieren Sie die Bewertung mit Hilfe von Datenblättern und Prüfberichten.

Wichtig: Da ein nicht-zertifiziertes Gerät eingesetzt wird, führen Designänderungen unter Umständen zu einer Verletzung der Regeln für ein einfaches Betriebsmittel. Das kann bei einer erneuten Bestellung ein bis zwei Jahre später dazu führen, dass die Bewertung nicht mehr zutrifft. Die Bewertung sollte deshalb möglichst eng an einen Zeitraum oder die Ausführung der Komponente, z.B. Seriennummern zugeschnitten sein. Oft ist es sinnvoller, ein Gerät oder Bauteil mit EU/EG-Baumusterprüfbescheinigung zu verwenden, anstatt ein Bauteil als einfaches elektrisches Betriebsmittel zu qualifizieren.

4. Bei der Auswahl des Pi-Wertes wird die Umgebungstemperatur/Temperaturklasse nicht beachtet!

Viele eigensichere Feldgeräte werden mit einer Auswahl an Pi-Werten bescheinigt, die in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur und/oder der angestrebten Temperaturklasse für den Nachweis der Eigensicherheit angewandt werden sollen. Es ist darauf zu achten, dass bei der Auswahl der richtige Pi-Wert selektiert wird. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Oberflächentemperatur des Gerätes der Temperaturklasse der umgebenden explosionsfähigen Atmosphäre überschreitet.

5. Einsatz von Ex i-Verbraucher mit zusätzlichem Ausgangsparameter

Was ist das Problem? Bei der Zusammenschaltung von 4-Leiter-Messumformern (mit 4…20 mA Schnittstelle und separater Stromversorgung) mit galvanischen Trennstufen kann die Ex i-Trennstufe neben den Eingangsparametern Ui, Ii, Pi auch noch einen Wert für Uo mitbringen. Damit wird aus einer einfachen Zusammenschaltung, die nur eine Quelle aufweist, eine komplexe Zusammenschaltung mit zwei Quellen. Es bieten sich folgende Lösungen an:

  • Am einfachsten ist es, eine galvanische Trennstufe einzusetzen, die speziell für diese Anwendung ausgelegt wurde und passende Parameter (ohne Ausgangsparameter) aufweist.
  • Wesentlich aufwendiger ist es, den Nachweis über den Weg der komplexen Zusammenschaltung zu gehen. Der Weg für eine Zusammenschaltung von ausschließlich linearen Quellen ist in der IEC EN 60079-11 beschrieben. Das Vorgehen für die Zusammenschaltung von nicht-linearen Quellen finden Sie in der IEC EN 60079-25.

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