Sicherheit durch Präzision: Ausrüstung von LNG-Tankern

Wer LNG-Tanker baut, leistet Präzisionsarbeit. Damit das verflüssigte Erdgas so wenig wie möglich verdampft, gleichen die Tanks riesigen Thermoskannen, die doppelt und dreifach gesichert und isoliert sind. Vollständig wird das Sicherheitskonzept dennoch erst durch geeignete Explosionsschutzmaßnahmen für das verbaute Equipment, von der Beleuchtung bis hin zu den Rückverflüssigungsanlagen, die bei Neubauten im Kommen sind.

Verflüssigtes Erdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) ist nachgefragt wie nie zuvor. Der Transport über die Weltmeere mithilfe von Spezialtankern macht importierende Länder unabhängiger von einzelnen Erdgaslieferanten. Der Schiffbau hat derzeit gut zu tun, um den Bedarf an neuen LNG-Tankern zu decken. In ihnen steckt ausgeklügelte Technik, angefangen vom Aufbau der Gasbehälter über die Vorrichtungen für den Umgang mit dem sogenannten Boil-off-Gas bis hin zu den Antriebssystemen. Bei all dem gilt es, für höchste Effizienz und maximale Sicherheit zu sorgen. Einen besonders hohen Stellenwert hat dabei der Explosionsschutz. Die technischen Komponenten und Systeme müssen äußerst widerstandsfähig sein und den rauen Bedingungen auf See in arktischer Umgebung ebenso trotzen wie am Äquators. Besondere Anforderungen erwachsen aus der Ladung selbst, denn LNG ist wie sein gasförmiges Pendant Erdgas explosiv und es wird bei Temperaturen von -164 °C und -161 °C transportiert.

Membrantanker im Vormarsch

Zwei Konstruktionsformen der Tanker bestimmen das Bild: Solche mit kugelförmigen Tanks, von denen jeweils die Hälfte über Deck liegt (Moss-Typ). Sie gleichen riesigen Thermoskannen, mit einer Außenhaut aus Edelstahl und einer Isolierschicht aus Polyurethanschaum oder Styropor. Bei Neubauten dominiert inzwischen eine Form mit mehreren prismatischen Tanks unter Deck. Ihren Namen „Membrantanker“ verdanken sie der isolierenden flexiblen Außenhülle, die sich aus Isolierschichten und Metallmembranen (Edelstahl, Nickel oder Invar) zusammensetzt. Sie nutzen die Rumpfform effizienter als sphärische Tanks.

Die namengebende Membran nimmt temperaturbedingte Dehnungen der Tanks auf. Diese sind insbesondere beim Be- und Entladen eklatant. Durch die Flexibilität der inneren gewellten oder geriffelten Metallmembran werden Undichtigkeiten weitgehend vermieden. Sollten sie dennoch auftreten, nimmt eine Barriere aus Holz oder Invar austretendes Flüssiggas auf. Zur Isolation wird häufig Perlit eingesetzt, das bei einigen Konstruktionen mit Stickstoff gespült wird. Dieses aufwendig konstruierte Mehrschichtsystem ist zum einen nötig, damit sich das tiefkalte Gas nicht erwärmt, zum anderen, damit der Stahl der Schiffswand nicht spröde wird. Zwischen ihm und den Tanks ist Platz für Ballasttanks, die für Leerfahrten benötigt werden.

LNG-Verlust durch Abdampf

Trotz der guten Kälteisolierung dampfen laufend geringe Mengen LNG über ein Ventil als Methan ab. Bei einer 20-tägigen Reise können zwischen zwei und sechs Prozent des LNG verloren gehen. Dieses Boil-off-Gas wird häufig für den Antrieb der LNG-Tanker genutzt. Dazu wird es zu den Kesseln der Dampfturbinen umgeleitet und verfeuert. Alternativ oder ergänzend kann der Abdampf rückverflüssigt und in die Tank zurückgeleitet werden. Die Installation der dazu nötigen Rückverflüssigungsanlage ist kostenintensiv. Je nach Größe des Schiffes, Länge der Reisen sowie aktuellen LNG-Preisen kann sich das lohnen. Boil-off-Gas, das weder rückverflüssigt noch für den Antrieb genutzt werden kann, wird durch einen Mast abgeblasen. So wird gewährleistet, dass der Tankdruck nicht unzulässig steigt und das explosive Gas nicht zur Gefahr für das Schiff wird.

Allerdings ist Methan, der Hauptbestandteil von LNG, ein starkes Treibhausgas. Aus ökologischen und ökonomischen Gründen werden daher in Neubauten immer häufiger Rückverflüssigungsanlagen installiert. Oder deren Installation wird zumindest vorbereitet, sodass sie bei Bedarf nachgerüstet werden können. Bei den größten LNG-Tankern (14 Schiffe der Qatar Gas Transport Company mit einem Tankvolumen von 266.000 m³), die 2022 im Einsatz waren, wird das Boil-off-Gas beispielsweise rückverflüssigt.

Umwelt und Geldbeutel profitieren von Rückverflüssigung

Die zur Rückverflüssigung eingesetzten Anlagen werden immer kompakter. Sie sind inzwischen als intelligente Plug-and-Play-Einheiten verfügbar. Die zum Herunterkühlen genutzten Kompressoren müssen – wie sämtliches Equipment an Bord – explosionsgeschützt ausgerüstet werden. Für moderne Automatisierungskonzepte geeignet sind für Zone 1 zugelassene Remote-I/O-Steuerungseinheiten, die Signale eigensicher übertragen. Da an Bord von Schiffen der Platz meist sehr beschränkt ist, sollten sie möglichst klein dimensioniert sein. Geeignet ist beispielsweise das System IS1+ von R. STAHL, mit dem dank seiner 8- und 15-kanaligen Ex i-Module besonders kompakte Stationen entstehen. Es ist zudem robust, vibrationsfest und verfügt über die wichtigsten Schiffszertifizierungen.

Ex-Zonen mit zertifizierten Produkten ausrüsten

Dies ist lediglich ein Beispiel für die hohen Sicherheitsanforderungen an Bord und wie man ihnen entsprechen kann. Die Standards zur Konstruktion und Ausrüstung von LNG-Tankern sind im IMO Gas Code (IGC) festgelegt. Eingesetzt wird der zweitsicherste Schiffstyp 2G. Nach IEC 60092-502 werden die einzelnen Bereiche des Tankers – analog zu Ex-Bereichen an Land – in Zone 0 (im Tank und in den Rohrleitungen, durch die LNG geladen und gelöscht wird) bis Zone 2 eingeteilt. Zone 1 umfasst beispielsweise der unmittelbare Bereich um Pumpen und Kompressoren. Weiter entfernte Bereiche sind der Zone 2 zuzuordnen.

Leuchten und Alarmeinrichtungen auf dem Tanker sind daher explosionsgeschützt (durch Zündschutzart Ex d und/oder Ex e) und verfügen über die nötigen Zulassungen. Auch an Bedien- und Überwachungsstationen und die Kommunikationstechnik bestehen hohe Anforderungen. Für letztere eignen sich Ethernet-Multimode-Lichtwellenleiter, die in Zündschutzart Ex op is ausgeführt werden. Sie werden durch elektromagnetische Felder von Motoren etc. nicht beeinflusst. Die HMIs, die neben den Rückverflüssigungsanlagen auch bei der Überwachung der Inertgashülle, zur Leckagedetektion und vielem mehr eingesetzt werden, sind ebenfalls für Zone 1 oder Zone 2 zugelassen und besonders robust gebaut.

Pumpentürme unter Belastung

Weitere wichtige Elemente von Membran- und Moss-Sphären-Tankern (kugelförmig) sind die Zentraltürme (Pumpentürme, pipe towers), die in die Tanks führen. Sie enthalten Rohrleitungen, die oben mit der Verrohrung an Deck verbunden sind, sowie Pumpen zum Be- und Entladen. Darüber hinaus befindet sich in ihnen ein Treppenhaus und Instrumente. Durch zu schnelle Abkühlung oder Schwappen der Ladung werden sie belastet, was zu Materialrissen führen kann. Daher werden Pumpentürme an der Unterseite nur in Längs- und Querrichtung am Tankboden abgestützt. Dadurch können sie sich im Falle eines Temperaturabfalls zusammenziehen. Schon in der Entwurfsphase müssen die Belastungen, die für den Zentralturm entstehen, ebenso akribisch berücksichtigt werden, wie es für die Ladetanks notwendig ist. Bei LNG-Tankern ist einfach in jeder Hinsicht Präzisionsarbeit gefordert. Nur so kann der nötige hohe Sicherheitsstandard gewährleistet werden.

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