Herstellung von LNG: mehr als nur verflüssigen

Es scheint simpel. Man kühle Erdgas weit genug herunter und schon hat man das begehrte LNG, das künftig eine immer größere Rolle im Energiemix spielen soll. Doch ganz so einfach ist es nicht. Wie so oft ist die Vorbereitung die halbe Miete. Und: Ohne Ex-Schutz läuft gar nichts.

Schon richtig: LNG (Liquefied Natural Gas) entsteht durch Verflüssigung von Erdgas durch Abkühlung (Kryogenisieren). Es muss vorher jedoch aufbereitet werden. Verflüssigt wird lediglich das nahezu reine Methan CH4. Am Ende besteht LNG zu 98 Prozent aus diesem einfachsten unter den Kohlenwasserstoffen. Der Methangehalt liegt sogar oft höher als bei konventionellem gasförmigem Erdgas. Derart rein ist LNG weder giftig noch korrosiv.

Aufbereitung von Roherdgas

Vor dem eigentlichen Verflüssigungsprozess gilt es also, das Roherdgas zu reinigen, also unerwünschte Inhaltsstoffe zu entfernen. Roherdgas kann zahlreiche Nebenprodukte enthalten, insbesondere

  • niedrige Kohlenwasserstoffen Ethan C2H5, (bis zu 15 %) Propan C3H8 (bis zu 10 %), Butan C4H10,
  • schwere Kohlenwasserstoffen (SKW), BTEX (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylol),
  • Stickstoff N2,
  • Schwefelwasserstoff,
  • Kohlendioxid CO2

und andere Komponenten, die im Roherdgas in unterschiedlichen Mengen – je nach Herkunft – vorkommen. Insbesondere sind es bestimmte organische Schwefelverbindungen, die im Endprodukt unerwünscht sind und entfernt werden müssen. Auch Quecksilber ist in Roherdgas bestimmter Vorkommen enthalten, oft in nicht unerheblichen Mengen von mehreren Milligramm pro Kubikmeter. Ein weiterer unerwünschter Inhaltsstoff ist Wasser. Bei der starken Abkühlung im Prozessverlauf würde es gefrieren. Besonders sogenanntes „mageres“ Erdgas oder „Magergas“ mit einem sehr niedrigen Methangehalt von rund 30 % kann nur zu LNG verflüssigt werden, wenn die anderen Anteile vorher entfernt werden.

Prinzipiell müssen alle Bestandteile, die giftig oder korrosiv wirken, aus dem Roherdgas abgetrennt werden. Auch nicht brennbare Inhaltsstoffe werden größtenteils entfernt. Dazu gehören neben Wasser auch Edelgase. Durch die Abtrennung der Beiprodukte wird automatisch der Methan-Gehalt erhöht. Einige der abgetrennten Inhaltsstoffe können anderweitig verwendet werden, beispielsweise bestimmte Kohlenwasserstoffe, Schwefel sowie Quecksilber. Auch das wertvolle Edelgas Helium, das in bestimmten Rohgasen mit einem Anteil von bis zu 7 % enthalten ist, gehört dazu.

Abtrennung von Verunreinigungen und Beiprodukten

Zur Abtrennung unerwünschter Spurenstoffe eignen sich u. a. die Adsorption, die Absorption, das Auswaschen mit bestimmten Lösemitteln (Gaswäsche) sowie die kryogene Rektifikation. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Schritte zur Entfernung der der Verunreinigungen vor.

Schritt 1: Entfernung von Wasser und SKW (Gaskondensaten)

Zur Trocknung von Erdgas eignen sich verschiedene Verfahren, bei denen auch SKW zum Teil abgetrennt werden:

  • Absorption in Triethylenglycol (TEG): Erdgas wird durch eine Absorptionskolonne geleitet. Im Gegenstrom durchströmt diese stark hygroskopisches TEG, an das sich Wasser und höhere KW binden.
  • Trocknung mit Hilfe eines Molekularsiebs: Vorgetrocknetes Gas wird durch Behälter geleitet, die mit einem Molekularsieb gefüllt sind. Wassermoleküle werden am Molekularsieb zurückgehalten. Mit bestimmten Molekularsieben lassen sich auch Schwefelwasserstoff oder Kohlenwasserstoffe entfernen.

In diesem ersten Schritt der Gasreinigung werden auch Schmutzpartikel abgetrennt.

Schritt 2: Entfernung der sauren, korrosiven Gase Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid (Sauergasentfernung)

Zur Abtrennung von Schwefelwasserstoff eignet sich eine Kombination von physikalischem und chemischem Prozess, das Claus-Verfahren. Schwefelwasserstoff wird zunächst selektiv aus dem Erdgas herausgewaschen (z. B. mit Diisopropylamin bei der „Aminwäsche“). Es kann durch Erhitzen wieder freigesetzt und zu Wasser und Schwefel katalytisch verbrannt werden. Der Schwefel wird häufig kommerziell verwendet. Auch nach Durchlaufen des Claus-Prozesses enthält das Erdgas immer noch Spuren verschiedener geruchsintensiver Schwefelverbindungen. Zahlreiche Verfahren eignen sich zur Feinentschwefelung. Meist werden die Bestandteile zu Schwefelwasserstoff hydriert, das wiederum mittels Aminwäsche entfernt wird. Letzte Reste werden katalytisch oder thermisch zu Schwefeldioxid umgesetzt.

Kohlendioxid kann in diversen Lösemittel gebunden werden. Bei kohlendioxidreichem Erdgas wird alternativ ein kryogenes Verfahren gewählt, bei dem Kohlendioxid zusammen mit schweren Kohlenwasserstoffen in einer sogenannten Coldbox kondensiert.

Schritt 3: Entfernung von Stickstoff und Helium

In einer Stickstoffabtrennungsanlage wird das Erdgas sowie u. U. enthaltenes Helium üblicherweise teilkondensiert und mit Hilfe von Destillationskolonnen getrennt. Dies erfolgt meist direkt im Rahmen des LNG-Verflüssigungsprozesses. Doch es funktioniert auch ohne Kryoprozess – mit Hilfe eines zweistufigen Membranverfahrens, mit dem insbesondere das wertvolle Helium hochrein gewonnen werden kann.

Schritt 4: Quecksilber

Handelt es sich um Roherdgas, in dem größere Mengen von Quecksilber enthalten sind, wird auch dieses meist mit Hilfe von Filteranlagen abgetrennt. Man nutzt dabei verschiedene Adsoprtionsmittel, beispielsweise ein Mischmetalloxid mit einer dispergierten, aktivierten Kupfersulfidphase.

Das Roherdgases (Feedgas) kann natürlich erst unmittelbar vor der Gasverflüssigung wie oben beschrieben gereinigt werden. Teilweise erfolgt eine erste Aufbereitung jedoch schon vor dem Transport zur Verflüssigungsanlage.

Verflüssigung von aufgereinigtem Erdgas

Die eigentliche Herstellung von LNG erfolgt durch Tiefkühlung in der sogenannten LNG train, der Gasverflüssigungsanlage. Das wie oben beschriebene Erdgas enthält jedoch noch immer weitere Kohlenwasserstoffe, insbesondere Ethan, Propan und Butan. Der eigentlichen LNG-Verflüssigungsanlage ist daher der Prozess des Precoolings vorgeschaltet. Mit einem Kühlmittel (Propan) bei –35 °C werden Kohlenwasserstoffe ab Pentan oder höher (d. h. mit 5 oder mehr Kohlenstoffatomen) abgetrennt, um deren Ausfrieren während der Methan-Verflüssigung zu verhindern.

Carl Linde legte die Grundlagen

Anschließend schließt sich die eigentliche Tiefkühlung an, ein Prozess der Gasverflüssigung in Wärmetauschern, der dem von Carl von Linde entwickelten Verfahren zur Luftverflüssigung (Linde-Verfahren) entspricht. Der Prozess nutzt den Joule-Thomson-Effekt: Wird ein verdichtetes Gas entspannt, ändert sich seine Temperatur. Bei positivem Joule-Thomson-Koeffizient kühlt es dabei ab.

Bei der Verdichtung erhöht sich jedoch die Gastemperatur. Daher muss das komprimierte Gas gekühlt werden. Dazu nutzt man bereits abgekühltes Methangas, Ethylen oder Stickstoff. Durch Abwechselndes Entspannen, Verdichten und Abkühlen unter konstantem Druck lassen sich sehr tiefe Temperaturen erreichen. Bei der Herstellung von LNG wird das nahezu reine Methangas in mehreren Schritten bis auf eine Temperatur von -162 °C bis -167 °C abgekühlt; bei welcher Temperatur der Phasenübergang von gasförmig zu flüssig exakt erfolgt, hängt von der Reinheit des Erdgases ab. Besonders effizient verläuft diese „Liquefaction“ von Erdgas mit Hilfe mehrstufiger Kühlprozesse mit gemischten Kühlmitteln.

Gespeichert wird LNG als tiefkalte Flüssigkeit in gut isolierten Tanks.

Wirkungsvoller Explosionsschutz für sichere LNG-Erzeugung

Da Erdgas leicht entflammbar ist, gilt es, in allen Phasen seiner Herstellung sicherheitstechnische Maßnahmen zu ergreifen, die Brände und Explosionen zuverlässig verhindern. Erdgas und LNG fallen gemäß ATEX und IECEx unter die Explosionsgruppe IIA, Temperaturklasse T1.

Technische Betriebsmittel wie z. B. Elektromotoren dürfen das Gas nicht entzünden. Sie werden zum Betrieb der Kältemaschinen und Wärmetauscher, insbesondere zum Antrieb von Pumpen und Kompressoren, eingesetzt. Richtig hohe Energiemengen werden dabei benötigt – etwa zehn bis 25 Prozent des Heizwertes des verflüssigten Erdgases. Aber auch in den vorangestellten Verfahren zur Reinigung des Erdgases und zu seinem Transport werden Pumpen und Ventilatoren, angetrieben durch Elektromotoren, benötigt.

Dabei kommen beispielsweise Kreisel- oder Turbinenpumpen zum Einsatz. die mit explosionsgeschützten Motoransteuerungen und Energieverteilungen ausgestattet sind. Verschiedene Zündschutzarten sind möglich, beispielsweise Ausführungen in Druckfester Kapselung (Ex d), Überdruckkapselung (Ex p), Erhöhter Sicherheit (Ex e) oder Vergusskapselung (Ex m). Es können auch mehrere Schutzarten kombiniert werden. So lassen sich Steuerungen und Energieverteilungen konfigurieren, die sehr hohe Leistungen mit vielen Stromabhängen im Ex-Bereich erlauben. Die hohe Schule bilden Ex-geschützte Remote-I/O-Systeme, die den Zugriff auf Fehlerabgänge der Pumpen und Energieverteilungen über ein Prozessleitsystem erlauben, dadurch Wartung und Instandhaltung effizienter machen und die Verfügbarkeit der Anlagen erhöhen.

Neben der Automatisierungs- und Niederspannungstechnik ist auch bei der Beleuchtung der Anlagen Ex-geschützte Technik Pflicht. Ein technisch ausgereiftes, innovatives Rundum-Paket für den Explosionsschutz macht den Prozess der Erdgasverflüssigung sicher und effizient.

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