Explosionsgefahr durch Staub – ein Funke genügt

In vielen Industriezweigen werden pulver- und staubförmige Produkte verarbeitet oder entstehen während des Produktionsprozesses. Unabhängig von der Einstufung als Nutzstaub oder Abfallstaub, geht von der überwiegenden Zahl aller staubförmigen Substanzen eine Brand- und unter Umständen sogar Explosionsgefahr aus. Die meisten der in der Industrie vorkommenden Stäube sind brennbar und es reicht bereits eine kleine Staubschicht in einem geschlossenen Raum aus, um nach einer Aufwirbelung und Zündung eine Explosion auszulösen. Viele Betroffene sind sich den Gefahren einer möglichen Staubexplosion nicht bewusst – ein Grund, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen.

Kleine Zündung mit großer Wirkung

Es war der 6. Februar 1979. Ein Feuer in der Bremer Rolandsmühle löste eine Katastrophe aus. In einer Kettenreaktion wirbelten zahlreiche Einzelexplosionen immer wieder neuen Mehlstaub auf, der wiederum explodieren konnte. Die verheerende Bilanz: 14 Tote, 17 Verletzte und ein Sachschaden von über 50 Millionen Euro.

Dass Mehl explodieren kann ist nicht ungewöhnlich. Es gilt die Regel: fein gemahlen kann jeder Stoff explodieren, wenn er aus brennbarem Material besteht, wie z.B. Kohle, Mehl, Kakao, Kaffee, Stärke, Zellulose, Holzspänne oder -wolle. Auch anorganische Stoffe und Elemente wie Magnesium und Aluminium sind in dieser Form explosionsfähig oder zumindest brennbar.

Damit es knallt bedarf es wenig – neben brennbarem Staub müssen noch ausreichend Sauerstoff und eine wirksame Zündquelle vorhanden sein. Nur die richtige Mischung aus Staub und Luft ist explosionsfähig. 80% aller in der Industrie vorkommenden Stäube sind brennbar. Luft ist überall vorhanden und als Zündquellen können ein unbemerktes Glimmnest oder auch Funken, wie sie bei Schweißarbeiten entstehen, genügen. Bereits eine ein-Millimeter dicke Staubschicht in einem geschlossenen Raum reicht aus, um nach einer Aufwirbelung und Zündung eine Explosion auszulösen. Dies kann fatale Auswirkungen für den Betrieb und die Beschäftigten haben.

Trotzdem ist das Gefährdungsbewusstsein vieler Betroffener oft zu gering ausgeprägt. Der Grund: In einigen Unternehmen ist den Verantwortlichen gar nicht bewusst, dass sie mit brennbarem Staub arbeiten. Betroffen sind hauptsächlich die Industriezweige des lebensmittel- und holzverarbeitenden Gewerbes, der Papier- und Kunststoffherstellung, der Chemie und der Pharmazie, landwirtschaftliche Betriebe, die metallverarbeitende Industrie, Betriebe der Abfallwirtschaft, usw. Pro Tag ereignet sich in Deutschland durchschnittlich eine Staubexplosion, von denen etwa jede vierte durch Nahrungs- oder Futtermittelstäube ausgelöst wird.

In Industriezweigen in denen pulver- und staubförmige Produkte verarbeitet werden besteht Explosionsgefahr.

Den großen Knall verhindern – Staubexplosionsschutz-Maßnahmen

Um eine Explosion zu verhindern, muss mindestens eine der auslösenden Faktoren verhindert oder eingeschränkt werden. Das kann unter anderem dadurch geschehen, dass die Konzentration des brennbaren Anteils gering gehalten wird z.B. durch Absaugung oder dass die Freisetzung von brennbaren Substanzen komplett unterbunden wird. 

Durch die Vermeidung von Zündquellen wird die Zündung der gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre verhindert. Dies kann erreicht werden, indem in einem ersten Schritt die möglichen Zündquellen analysiert werden. Offenes Feuer, Flammen oder Glut können eine explosionsfähige Atmosphäre ebenso zünden wie heiße Oberflächen, mechanische oder elektrische Funken oder elektrostatische Entladung. Triviale Zündquellen wie sie bei Reparaturarbeiten oder beim achtlosen Wegwerfen einer Zigarettenkippe entstehen, dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Anschließend wird der erforderliche Umfang an Schutzmaßnahmen festgelegt und geeignete Geräte ausgewählt.    

In manchen Fällen können die oben beschriebenen Vorgänge nicht zuverlässig umgesetzt werden, da weder die Staubwolke zu vermeiden ist noch gewisse Zündquellen auszuschließen sind. In diesen Fällen müssen Maßnahmen ergriffen werden, die gefährliche Auswirkung einer angelaufenen Explosion begrenzen und auf ein unbedenkliches Maß reduzieren. Zum sogenannten „konstruktiven Explosionsschutz“ gehören explosionsdruckfeste Bauweisen, Explosionsdruckentlastungen, Explosionsunterdrückungen oder Explosionssperren.

Hohe Anforderungen an die Geräte

Patentrezepte zu Staubexplosionsschutz-Maßnahmen gibt es jedoch nicht. Keine Anlage ist wie die andere, sondern auf die speziellen Ansprüche des Betreibers sowie der Produktion zugeschnitten. Eine Hilfe zur Analyse der Gefährdungspotenziale bietet die Einteilung von staubexplosionsgefährdeten Bereichen in Zonen. Dabei werden sie nach Häufigkeit und Dauer des Auftretens von gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre beurteilt. Je höher die Wahrscheinlichkeit des Auftretens ist, desto höher sind die Anforderungen an die dort eingesetzten Geräte. Die Definition der Zonen ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen.

Zone 20Bereich, in dem gefährliche explosionsfähige Atmosphäre in Form einer Wolke aus in der Luft enthaltenem brennbaren Staub ständig, über lange Zeiträume oder häufig vorhanden ist.
Zone 21Bereich, in dem sich bei Normalbetrieb gelegentlich eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre in Form einer Wolke aus in der Luft enthaltenem brennbaren Staub bilden kann.
Zone 22Bereich, in dem bei Normalbetrieb eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre in Form einer Wolke aus in der Luft enthaltenem brennbaren Staub normalerweise nicht oder aber nur kurzzeitig auftritt.

Die Einteilung der staubexplosionsgefährdeten Bereichen in Zonen hat sich bereits beim Explosionsschutz in Gasatmosphären bewährt.


Entsprechend der ermittelten explosionsgefährdeten Zone, in der ein Gerät eingesetzt werden soll, erfolgt die Geräteeinteilung in Gerätekategorien. Geräte der Kategorie 1 müssen ein sehr hohes Maß an Sicherheit gewährleisten d.h. auch bei selten auftretenden Störungen darf es nicht zur Zündung kommen. Diese Geräte dürfen in Zone 20 eingesetzt werden. Geräte der Kategorie 2 sind so konstruiert, dass sie bei häufig auftretenden Störungen, mit denen üblicherweise zu rechnen ist, das erforderliche Maß an Sicherheit gewährleisten und Zündquellen vermieden werden. Sie können in Zone 21 eingesetzt werden. Geräte, bei denen im normalen Betrieb keine Zündquellen auftreten, dürfen in Zone 22 eingesetzt werden. Sie gehören der Gerätekategorie 3 an.

Zündschutzarten – Explosionen vermeiden, effektiv schützen

Durch technische Maßnahmen muss sichergestellt sein, dass entsprechend der sicherheitstechnischen Kennzahlen eines unterstellten explosionsfähigen Gemisches keine Zündquelle wirken kann. Nach dem derzeitigen Stand der Technik sind vier Staub-Zündschutzarten vorgesehen. Diese können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Die Zündschutzart Schutz durch Gehäuse „t“ wird von vielen als wichtigste Ausführung gesehen. Die Schutzart basiert auf der Einschränkung des Staubeintritts durch die Verwendung von staubdichten Gehäusen sowie der Begrenzung der maximalen Oberflächentemperatur des Gehäuses. Die Zündschutzart Überdruckkapselung „p“ ermöglicht zum Beispiel den Einsatz von Schaltschränken in staubexplosionsgefährdeten Bereichen. Das Eindringen der umgebenden explosionsfähigen Atmosphäre in das Gehäuse wird dadurch verhindert, dass mit Hilfe eines Zündschutzgas ein Überdruck zur umgebenden Atmosphäre im inneren des Gehäuses erzeugt wird. Bei der Eigensicherheit „i“ geht es nicht um die konstruktive Veränderung des Gerätes, sondern um die Energiebegrenzung im Stromkreis. Diese Stromkreise sind so ausgelegt, dass weder ein Funke noch ein thermischer Effekt eine Zündung des Staub-Luft-Gemisches verursachen kann. Bei der Zündschutzart „m“ sind Teile, die eine explosionsfähige Atmosphäre durch Funken oder durch Erwärmung zünden könnten, in eine Vergussmasse eingebettet, so dass die explosionsfähige Atmosphäre nicht entzündet werden kann.

Symbol

Prinzip

Zündschutzart

Norm

t

 

Schutz durch Gehäuse

IEC/EN 60079-31

p

Überdruckkapselung

IEC/EN 60079-2

i

Eigensicherheit

IEC/EN 60079-11

m

Vergusskapselung

IEC/EN 60079-18

Staub-Zündschutzarten nach dem gegenwärtigen Stand der Technik.

Stehen die Anforderungen an die Geräte, die in staub-explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden, fest, erfolgt deren Auswahl. Hier ist Sorgfalt gefragt. Es dürfen nur Geräte und Anlagen zum Einsatz kommen, die für den Staubexplosionsschutz ausgelegt sind und die entsprechende Gerätekennzeichnung tragen. Für die Geräteauswahl müssen einige Kennzahlen beachtet werden.

Geräteauswahl - Zündtemperatur und Gruppen

Die richtige Auswahl des Geräts hängt zum einen von der Zündtemperatur des Staubes und der Oberflächentemperatur des Gerätes ab. Die maximale Oberflächentemperatur des Gerätes darf weder die Zündtemperatur der Staubwolke noch die der Staubschicht überschreiten. Des Weiteren wird die Eignung von Geräten für die verschiedenen explosionsfähigen Bereiche (z.B. Gas oder Staub) in der Norm durch Gruppen festgelegt. Die Gruppe III steht hierbei für Bereiche mit Staub-Atmosphären. Verschiedene Staubarten stellen jedoch unterschiedliche Anforderungen an die Geräte. Somit ist eine weitere Unterteilung vorgesehen:

  • IIIA: brennbare Flusen
  • IIIB: nicht-leitfähige Stäube
  • IIIC: leitfähige Stäube

Die Geräte können somit den verschiedenen Staubarten mit ihren unterschiedlichen Anforderungen zugeordnet werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Auswahl der Geräte sollte auch immer die Produktqualität sein. Langjährig erfahrene Explosionsschutzexperten wie R. STAHL bieten neben einem vollständig zertifizierten Produktprogramm auch eine umfassende Beratung und Schulungen zum Thema.

Poster – Explosionsschutz auf einen Blick!

Auf dem übersichtlichen R. STAHL Ex-Plakat finden Sie die Kennzeichnung von elektrischen und nicht-elektrischen Geräten in gasexplosionsgefährdeten Bereichen und in Bereichen mit brennbarem Staub.

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