13 Fragen. 13 Antworten. Ethernet-APL ist die Zukunft.

1. Ist SPE (Single Pair Ethernet) und Ethernet-APL (Ethernet Advanced Physical Layer) das Gleiche?

Nein, aber sie sind irgendwie miteinander verwandt. IEEE standardisiert die Kommunikation verschiedener Single Pair Ethernet mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Kabellängen. Diese erfüllen die Anforderungen einer Vielzahl von Anwendungen wie Kommunikation im Fahrzeug, diskrete Fertigung, Gebäudeautomatisierung und Prozessautomatisierung. Neben der Kommunikation muss auch die gesamte Physical Layer – vom Kabel bis zu den Steckverbindern und von der Stromversorgung bis zu den Installationsvorschriften – für den Zweck geeignet sein.

Ethernet-APL verwendet einen Standard von SPE, nämlich 10BASE-T1L, und fügt Definitionen für die Physical Layer hinzu, um die Anforderungen der Prozessautomatisierung zu erfüllen. Die große Aufmerksamkeit, die Ethernet-APL erfährt, ist darauf zurückzuführen, dass die Normung umfassend und vollständig ist – von Steckern und Kabeln über die eigensichere Stromversorgung und den Explosionsschutz bis hin zu Konformitätsprüfungen. Darüber hinaus bietet ein umfassender technischer Leitfaden bewährte Praktiken, und Ethernet-APL ist bereit für den Einsatz durch alle Anwender und Hersteller in der Prozessindustrie.

2. Warum erfordert Ethernet-APL einen Konformitätstest?

Ethernet-APL definiert verschiedene Arten von Ports wie Trunk/Spur, Source/Load usw. Jeder Porttyp hat seine eigene Spezifikation und Parameter, die eingehalten werden müssen. Der Konformitätstest gewährleistet die Interoperabilität gültiger Kombinationen von Porttypen über alle Anbieter hinweg, indem er das Verhalten des Ports bei verschiedenen Arten von Geräten und Infrastrukturkomponenten auf der Grundlage der Ethernet-APL-Portprofilspezifikation testet. Dies gewährleistet Plug-and-Play-Interoperabilität. Da Ethernet-APL nur die Physical Layer spezifiziert, ist es wichtig zu beachten, dass die vollständige Überprüfung auch Konformitätstests für die Kommunikationsprotokolle umfasst.

Vier Standardisierungsorganisationen (SDOs) – darunter die FieldCommGroup, ODVA, OPC Foundation und PROFINET/PROFIBUS International – sind an Ethernet-APL beteiligt. Die SDOs bieten Ethernet-APL-Konformitätstests als Teil ihres Protokollzertifizierungsprozesses an. Die Mitglieder der SDOs haben freien Zugang zu den Ethernet-APL-Spezifikationen.

3. Warum gibt es getrennte Spezifikationen für Trunk und Spur?

Die Spur-Definition spezifiziert eine geringere Signalstärke für die eigensichere (Ex i) Verbindung im Vergleich zum Trunk, der für erhöhte Sicherheit (Ex e) bei der Installation ausgelegt ist und größere Entfernungen überbrücken soll. Die reduzierte eigensichere Signalstärke ermöglicht eine höhere eigensichere Versorgungsspannung für die Geräte, während gleichzeitig eine Kabellänge von bis zu 200 Metern zwischen Field Switch und Gerät möglich ist. Die beiden Signalspezifikationen bieten ein einfaches, technisch ausgereiftes System, das Interoperabilität gewährleistet. Field Switches, die in einem Feldverteiler installiert werden, gewähren Anschlussmöglichkeiten an einem einfach zugänglichen Ort, mit dem die Arbeiter üblicherweise vertraut sind.

4. Wofür wird der Field Switch verwendet?

Der Field Switch ist eine zentrale Komponente in einem Ethernet-APL-Netzwerk. Für Ethernet-Installationen und den Anschluss von Geräten werden Switches benötigt. Der Ethernet-APL Field-Switch erfüllt diese Aufgaben – aber auch noch einige andere Dinge. Da Ethernet-APL Explosionsschutz mit Eigensicherheit bietet, ist eine Art eigensichere Barriere oder Trennstufe erforderlich. Dies ist die zweite Aufgabe des Field Switch. Dieser wird entweder an ein 4-Draht-Ethernet-Netz, die so genannte Sterntopologie, oder an eine stromversorgte Hauptleitung (Trunk) mit erhöhter Sicherheit (Ex e) angeschlossen, die Trunk-Spur-Topologie. In beiden Fällen arbeitet der Field Switch als Ex i-Trenner und wandelt die nicht-eigensicheren Signale von „oben“ nach „unten“ auf die eigensicheren Stichleitungen um. Doch damit nicht genug: Der Field Switch fungiert auch als Diagnosezentrum in einem Ethernet-APL-Netzwerk mit direkter Verbindung zur Leitsystem- und Plant Asset Management-Ebene. Da sich der Field Switch gewissermaßen im Zentrum einer solchen Installation befindet, mit Verbindung zu den Feldgeräten und Verbindung zum übergeordneten Netzwerk, laufen alle Netzwerkinformationen über den Field Switch, sowohl physikalisch als auch logisch. Dies macht Field Switches zum idealen Werkzeug für die Netzwerkdiagnose, auslesbar über WebServer, FDI-Packages oder OPC UA – je nach individueller Implementierung.

5. Welche Redundanzkonzepte unterstützt Ethernet-APL?

Der Field Switch bietet Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zu den Feldgeräten in max. 200 m Entfernung. Field Switches mit 4-Draht-Ethernet-Anschluss zum übergeordneten Netzwerk unterstützen eine redundante Infrastruktur mit dem Medienredundanzprotokoll (MRP) oder dem Device Level Ring (DLR). Bei PROFINET-Kommunikation kann der MRP-Ring auch für S2-Redundanz genutzt werden. Die Switches lassen sich leicht für solche redundanten logischen Verbindungen konfigurieren, da die Daten nur die Infrastruktur durchlaufen. So kann z.B. ein Gerät mehrere Kommunikationspfade zu Controllern unterhalten, um Controller-Redundanz zu ermöglichen.  Es ist auch möglich, Redundanz in der Anwendung zu implementieren. Beispiele hierfür sind die Installation einer homogenen Redundanz (zwei Transmitter desselben Typs) oder einer diversen Redundanz (zwei Transmitter unterschiedlichen Typs zur Vermeidung systematischer Ausfälle in einem Gerät). Die Redundanz auf dem Power Trunk mit zwei Leitungen oder einem Ring ist bei Ethernet-APL noch nicht verfügbar.

6. In welchen explosionsgefährdeten Bereichen kann Ethernet-APL installiert werden?

Die Ethernet-APL-Definitionen ermöglichen den Einsatz und die Installation in jedem explosionsgefährdeten Bereich. Die mögliche Installation von Feldgeräten und Field Switches hängt von der Produktauslegung des Herstellers ab und hat nichts mit der Ethernet-APL-Technologie an sich zu tun. Das neue Eigensicherheitskonzept für die Ethernet-APL-Spurs, genannt 2-WISE (2-Wire Intrinsically Safe Ethernet, IEC TS 60079-47) und die Port-Profile ermöglichen eigensichere Stromkreise, die der Zündschutzart "ia" entsprechen – was sogar für Installationen in Zone 0, Zone 20 oder DIV 1 geeignet ist.

7. Ist Ethernet-APL die richtige Lösung für explosionsgefährdete Bereiche und SPE für alles andere?

Während beide Technologien grundsätzlich für die eine oder die andere oder für beide Anwendungen eingesetzt werden können, ist Ethernet-APL für die Bedürfnisse von Prozessanlagen und speziell für explosionsgefährdete Bereiche mit verschiedenen Optionen für den Explosionsschutz, einschließlich Eigensicherheit, optimiert. Es ist möglich, Ethernet-APL auch in Standard-Industrieanwendungen einzusetzen – allerdings zu höheren Kosten und mit einigen Einschränkungen bei Steckern und Kabeln. SPE kann auch in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden, jedoch nicht mit eigensicheren Feldgeräten. Andere Zündschutzarten wie druckfeste Kapselung "d" oder Überdruckkapselung "p" funktionieren mit SPE, bieten aber weniger Flexibilität bei der Installation und Wartung. Die Wahl der Technologie sollte sich an praktischen und wirtschaftlichen Anforderungen orientieren.

8. Ist es möglich, nicht-explosionsgeschützte/nicht-eigensichere Feldgeräte in einer Zone 0 oder Zone 1 Umgebung an einen Ethernet-APL Field Switch mit eigensicheren Spurs anzuschließen?

Der Ethernet-APL Field Switch kann als eigensichere Barriere oder Trennstufe für eigensichere Ethernet-APL-Feldgeräte verstanden werden. Die Energie an den Field Switch-Ports ist auf Werte begrenzt, die der Eigensicherheit entsprechen (siehe Zündgrenzkurven aus IEC 60079-11). Das Gerät, das an einen solchen Port angeschlossen werden kann, muss jedoch auch der Norm für Eigensicherheit entsprechen, um sicherzustellen, dass die internen Temperaturen und die Energiespeicherung des Geräts unter den zulässigen Werten für Eigensicherheit liegen. Dies bedeutet, dass Ethernet-APL-Feldgeräte mit ihren Eigensicherheitsparametern und ihrer Eignung für den jeweiligen Installationsort zertifiziert sein müssen.

9. Ersetzt die 2-WISE-Norm IEC TS 60079-47 die "klassische" Ex i-Norm IEC 60079-11?

Nein, das tut sie nicht. Sie ist eine Art Erweiterung dieser Norm.  Zur Vereinfachung des Engineerings und des erforderlichen Nachweises von eigensicheren Stromkreisen wurde eine neue technische Spezifikation (TS) entwickelt, die IEC TS 60079-47 "2-WISE, 2-Wire Intrinsically Safe Ethernet". Diese erweitert die IEC 60079-11 und basiert auf der IEC 60079-25 "Intrinsically Safe Systems" und dem FISCO (Fieldbus Intrinsically Safe Concept, Teil der IEC60079-11 und -25). Ein nach 2-WISE (zusätzlich) zertifizierter Field Switch-Port kann mit 2-WISE-Feldgeräten ohne Berechnung der Eigensicherheits-/Entitätsparameter verbunden werden. Darüber hinaus kann der Field Switch auch für andere Zündschutzarten bescheinigt sein, je nach Installationsort und erforderlichem Explosionsschutz.

10. Ist 100BASE-TX-IS das Gleiche wie Ethernet-APL oder eine Konkurrenzlösung?

Weder noch. Während Ethernet-APL auf einem 2-adrigen Kabel mit eigensicherer Versorgung für Feldgeräte, 1000 m Kabelweg und 10 Mbit/Sekunde Bandbreite basiert, konzentriert sich 100BASE-TX-IS auf andere Anwendungen. Es beruht auf einem Standard-4-Draht-Ethernet-Netzwerk mit 100 Mbit/Sekunde Bandbreite bei nur 100 m Entfernung und ohne integrierte Versorgung für Geräte. 100BASE-TX-IS entstammt der IEEE 100BASE-TX-Spezifikation und fügt ihr lediglich ein eigensicheres Front-End hinzu, so dass 100BASE-TX-Geräte (mit externer Stromversorgung) an eigensichere Netzwerke angeschlossen werden können. Auch eine Kombination von 100BASE-TX-IS als schnellem Backbone mit Ethernet-APL als Feldgeräteschnittstelle kann sinnvoll sein.

11. Warum sind die Ethernet-APL Field Switch-Ports auf 0,54 und 1,11 W begrenzt, während das 2-WISE-Konzept 5,32 W zulässt?

Die IEC TS 60079-47 erlaubt eine eigensichere Last von bis zu 5,32 W für die Leistungsaufnahme Pi von Feldgeräten. Dieser Wert ist identisch mit dem FISCO-Wert und erlaubt die Verwendung von Ethernet-APL- und FISCO-Feldgeräten wie z.B. PROFIBUS PA Geräte. Die definierten Leistungsklassen 0,54 W bzw. 1,11 W beruhen auf minimalen Nennwerten. Es wurde beschlossen, die verfügbare Energie pro Port zu begrenzen, um das Produktdesign, die Eigensicherheitszertifizierung und das Engineering mit einer begrenzten Anzahl an gut standardisierten Feldgeräteparametern zu vereinfachen und auch die mögliche Variantenvielfalt zu beschränken. Sowie um Kabelberechnungen (aufgrund von Spannungsabfällen usw.) zu vermeiden und gleichzeitig so viele Feldgeräte wie möglich in einem Netzwerk zuzulassen. Jedes Feldgerät, das den beschriebenen Leistungsklassen entspricht, ist mit den entsprechenden Field Switch-Ports interoperabel, ohne dass irgendwelche Berechnungen durchgeführt werden müssen.

12. Kann ich meine vorhandenen Kabel weiterverwenden?

Wahrscheinlich! Das Kabel muss für eine zuverlässige Kommunikation geschirmt sein. Das Referenzkabel ist ein Kabel der Kategorie IV, das dem in der IEC 61158-2 definierten Typ "A" (MAU-Typen 1 und 3) entspricht, der in der Prozessindustrie weit verbreitet ist, z.B. in Feldbusinstallationen. Viele Anwender können damit die installierten Kabel wiederverwenden. Aufgrund des höheren Frequenzbereichs, der für die meisten aktuell installierten Kabel nicht explizit spezifiziert ist, empfehlen die Experten dringend, das installierte Kabel zu testen. Dies ist umso wichtiger, falls ein anderes geschirmtes Kabel als der Typ "A" für die Wiederverwendung in Betracht gezogen wird. Es ist mit einer Verringerung der nutzbaren Kabellänge zu rechnen, da bei der niedrigsten akzeptablen Qualität für Ethernet-APL-Kabel der Kategorie I der Trunk auf 250 m und die Spurs auf 50 m reduziert werden. Weitere Informationen zur Konformität finden Sie in der technischen Planungs-Richtlinie für Ethernet-APL.

13. Wie implementiere ich Netzwerksicherheit und -security?

Sicherheit und Security müssen aus der Systemperspektive betrachtet werden. Wie jede andere Physical Layer transportiert Ethernet-APL die Safety & Security Dienste der Anwendungsschicht, die von den führenden Normungsgremien für die Industrieautomatisierung festgelegt wurden, also Normen wie IEC 61508 und ISA/IEC 62443. Netzwerkarchitekten, die die Infrastruktur für die gesamte Anlage entwerfen, können die gleichen Techniken und Verfahren für den Bereich der Prozessanlagen einsetzen. Natürlich müssen die in einem Ethernet-APL-Netzwerk verwendeten Kommunikationsprotokolle entsprechende Sicherheitsmaßnahmen unterstützen. Das bedeutet, dass in einem PROFINET- oder EtherNet/IP-basierten Kommunikationsnetzwerk das PROFIsafe-Profil oder das CIP-Sicherheitsprotokoll von den Field Switches und den angeschlossenen Logic Solvern unterstützt werden muss. Die dazwischenliegenden Field Switches haben keinen Einfluss auf die Qualität der Sicherheit und Security.

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