Die Ethernet-APL Engineering Richtlinie im Überblick

Die Vision „Industrial Ethernet bis zu den Sensoren und Aktoren“ wurde Realität. Basis dieser Technologie ist ein 2-Draht-Ethernet (engl. 2-wire-Ethernet), das sowohl Informationen als auch Energie zu den Sensoren und Aktoren des Automatisierungssystems überträgt. Ethernet-APL basiert auf dem Ethernet-Standard IEEE 802.3cg [1] und arbeitet mit einer Datenrate von 10 Mbit/s.

Eine zusätzliche Spezifikation, die Ethernet-APL Port Profile Specification [2], definiert zusätzliche Parameter für den Einsatz in der Prozessindustrie, insbesondere in explosionsgefährdeten Bereichen. In einem nächsten Schritt müssen sich potenzielle Anwender mit dem Engineering-Prozess von Ethernet-APL-Netzwerken vertraut machen. Zu diesem Zweck stellt das Ethernet-APL-Projekt die Ethernet-APL-Engineering-Richtlinie [3] zur Verfügung, welche die wichtigsten Bereiche der Planung, Installation und Abnahmeprüfung abdeckt. Dieser Beitrag soll einen Überblick über den Ethernet-APL-Engineering-Prozess geben und die relevanten Planungsschritte aufzeigen.

Einführung in Ethernet-APL

Abbildung 1 zeigt den ISO/OSI-Protokollstack von Ethernet nach ISO/IEC 7498-1 [4]. Die Abbildung zeigt, dass Ethernet-APL auf der Schicht 1 des Protokollstacks, der physikalischen Schicht, angesiedelt ist. Dies wird auch durch die gewählte Abkürzung deutlich: APL steht für Advanced Physical Layer. Es ist auch zu erkennen, dass Ethernet-APL nur eine von vielen anderen physikalischen Schichten ist, die für Ethernet verwendet werden können. Die physikalische Schicht kann somit unabhängig von den anderen darüber liegenden Schichten verwendet werden. Daher kann Ethernet-APL mit jedem Ethernet-basierten Protokoll verwendet werden, z. B. in Kombination mit EtherNet/IP, HART-IP, OPC UA oder PROFINET. 

Abbildung 1: ISO/OSI-Protokollstack mit Ethernet-APL

Das Konzept von Ethernet-APL folgt den Anforderungen der NAMUR-Empfehlungen NE 74 [5] und NE 168 [6]. Mit dem Ethernet-APL Physical Layer haben die kooperierenden Standardisierungsorganisationen eine Kommunikationslösung definiert, die der Forderung der Prozessindustrie nach einer konvergierenden Netzwerkarchitektur im  Automatisierungsbereich nachkommt und die folgenden Eigenschaften aufweist:

  • Ethernet-basierte Kommunikation.
  • Zweidraht-Verbindung zum Feldgerät.
  • Robuste und einfache Anschlusstechnik.
  • Energieversorgung der Feldgeräte über 2-Draht-Anschluss.
  • Die Wiederverwendung bestehender Verkabelung soll möglich sein (abhängig vom Kabeltyp).
  • Der Betrieb von Feldgeräten und Switches in Bereichen mit explosionsfähiger Atmosphäre soll möglich sein.
  • Der Austausch von Ethernet-APL-Feldgeräten, die an den Spurs angeschlossen sind, soll während des Betriebs in explosionsgefährdeten Bereichen möglich sein.

Abbildung 2 zeigt die Unterschiede zwischen dem üblicherweise verwendeten 100-Mbit/s-Industrial-Ethernet-Physical-Layer und dem Ethernet-APL-Physical-Layer. In Abbildung 2 ist oben links eine Steuerung in Kombination mit einer Engineering- und Bedienstation dargestellt. Die Komponenten sind z. B. über ein 100 Mbit/s Industrial Ethernet verbunden. Das 100 Mbit/s-Ethernet-Kabel besteht aus vier Adern, die Kommunikation erfolgt in der Regel im Vollduplex-Modus bei einer Länge von maximal 100 m, sofern Kupferkabel verwendet wird. In der Mitte von Abbildung 2 ist ein Ethernet-APL-Power-Switch dargestellt. Der Ethernet-APLPower-Switch ist auf der Uplink-Seite mit dem 100-Mbit/s-Industrial-Ethernet-Backbone verbunden und wird mit Hilfsenergie versorgt. Der Ethernet-APL-Power-Switch wandelt das 100-Mbit/s-Industrial-Ethernet-Signal in das 10-Mbit/s-Ethernet-APL-Signal um. Ethernet-APL verwendet zwei Adern (single pair) und bietet Vollduplex-Kommunikation über diese zwei Adern. Der Ethernet-APL Trunk verbindet den Ethernet-APL-Power-Switch mit den Ethernet-APL-Field-Switches. Die Länge eines Ethernet-APL-Trunk-Segments kann bis zu 1 000 m betragen. Der Ethernet-APL-Power-Switch liefert parallel zu den Daten elektrische Energie für die an das Ethernet-APLNetzwerk angeschlossenen Geräte: In diesem Fall für die Ethernet-APL-Field-Switches und die Ethernet-APL-Feldgeräte.

Die APL-Feldgeräte sind über Ethernet-APL-Spurs mit den Ethernet-APL-Field-Switches verbunden. Darüber hinaus zeigt das Bild auch einen Field-Switch, der direkt an das 100 Mbit/s Industrial Ethernet Automatisierungsnetzwerk angeschlossen ist. Zum besseren Verständnis wird das 100 Mbit/s Industrial Ethernet Netzwerk (grüne Farbe) in diesem Dokument als Automatisierungsnetzwerk bezeichnet.

Abbildung 2: Unterschiede zwischen 100 Mbit/s Industrial Ethernet und Ethernet-APL

Verkabelung und Anschlusstechnik

Das Ethernet-APL-Kabel ist ein symmetrisches, geschirmtes, verdrilltes Kabel mit einem Wellenwiderstand im Bereich von 100 Ohm ± 20 % in einem Frequenzbereich von 100 kHz bis 20 MHz (gemessen nach ASTM D4566-05 [7] oder einer gleichwertigen internationalen Norm), wie es typischerweise für PROFIBUS PA und FOUNDATION Fieldbus H1 verwendet wird. Der Aderdurchmesser kann im Bereich von 26AWG (0,14 mm²) bis 14AWG (2,5 mm²) liegen und entweder mit massiven Adern oder als Litze ausgeführt sein.

Der Referenzkabeltyp für Ethernet-APL-Segmente ist das Feldbuskabel Typ A, MAU-Typen 1 und 3, gemäß IEC 61158-2 [8]. Dieses Kabel erfüllt die Anforderungen für eigensichere Anwendungen, wie sie in IEC TS 60079-47 [9] und DIN EN 60079-14 [10] beschrieben sind, und kann auch in nicht-eigensicheren Anwendungen eingesetzt werden. Eine detaillierte Spezifikation der Kabelparameter findet sich in der Ethernet-APL-Port-Profil-Specification [2], welche vier Kabelkategorien (I bis IV) definiert. Ein Kabel der Kategorie IV erlaubt Trunk-Längen von bis zu 1 000 m und Spur-Längen von bis zu 200 m. Wird ein gespeister Trunk verwendet, hängt die maximale Trunk-Länge auch vom Spannungsabfall über dem Kabel ab. In diesem Fall ist mit kürzeren Längen für Trunk-Kabel zu rechnen. Best-Practice-Beispiele für einen gespeisten Trunk finden sich in der Ethernet-APL Engineering Richtlinie [3].

Wird eine bereits installierte Kabelinfrastruktur verwendet, muss die Leistungsfähigkeit der Datenübertragung sichergestellt werden. Eine Prüfung nach ISO/IEC 11801-3 [11] ist für bereits verlegte Kabel durchzuführen. Üblicherweise wird ein Kabelmessgerät verwendet, das die Messung der spezifischen Kabelparameter unterstützt. Während für den Trunk die Einfügungsdämpfungsgrenzwerte von [11] zu verwenden sind, ist für Stichkabel ein Korrekturfaktor von 0,2 auf die Einfügungsdämpfungsgrenzwerte von ISO/IEC 11801-3 [11] anzuwenden, um die maximale Stichkabellänge von 200 m im Vergleich zur maximalen Stammkabellänge von 1000 m zu berücksichtigen.

Die Norm IEC 61156-13 [12] wird ein zweiaderiges (engl. single pair) Kabel für 2-Draht-Ethernet mit massiven Adern spezifizieren. Allerdings ist diese Norm zurzeit noch in der Entwicklung. Bezüglich der Einsetzbarkeit von Kabeln nach IEC 61156-13 für Ethernet-APL kann derzeit noch keine gesicherte Aussage getroffen werden. Informationen bezüglich der Anwendbarkeit dieser Norm werden zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Eine weitere Norm für Litzenleitungen ist ebenfalls in Vorbereitung. Eine große Anzahl von existierenden Kabeln erfüllt bereits heute die Anforderungen von Ethernet-APL.

Die Ethernet-APL-Port-Profil-Spezifikation [2] definiert die folgenden Verbindungstechnologien für Ethernet-APL-Geräte:

  • Schraub- oder Federzugklemmen / Reihenklemmen
  • M12-Steckverbinder, A-kodiert
  • M8-Steckverbinder, A-codiert (nicht für eigensichere Stromkreise)

Ethernet-APL Netzwerkstrukturen

Ethernet-APL bietet verschiedene Netzwerkstrukturen, die es den Anwendern ermöglichen, das Ethernet-APL-Netzwerk entsprechend den Erfordernissen der Anlage zu planen. Abbildung 3 zeigt eine der beiden möglichen Netzwerkstrukturen. Die Netzwerkstruktur verwendet 100-Mbit/s-Industrial-Ethernet und Lichtwellenleiter zur Verbindung der Ethernet-APL-Field-Switches. Das bedeutet, dass der 10-Mbit/s-Advanced-Physical-Layer lediglich für die Spurs zum Einsatz kommt, nicht aber für die Anbindung der Field-Switches an das Automatisierungsnetzwerk. Dieses
Konzept erfordert die Bereitstellung von Hilfsenergie für die Field-Switches.

Abbildung 3: Field-Switches mit 100 Mbit/s Industrial Ethernet-Anschluss

Das in Abbildung 4 gezeigte System verwendet einen gespeisten Ethernet-APL-Trunk. Der Ethernet-APL-Power-Switch wandelt das 100-Mbit/s-Industrial-Ethernet-Signal auf dem Automatisierungsnetzwerk in das Ethernet-APL-Signal um und versorgt zusätzlich den Ethernet-APL-Trunk mit Energie. Daher wird im Feld keine Hilfsenergie benötigt. Die Ethernet-APL-Field-Switches übertragen sowohl Informationen als auch elektrische Energie an die Ethernet-APL-Feldgeräte.

Abbildung 4: Gespeister Ethernet-APL Trunk

Aus Abbildung 3 und Abbildung 4 lässt sich ableiten, dass die beiden Netzstrukturen spezifische Merkmale aufweisen. Die folgende Tabelle vergleicht die Merkmale der beiden Netzwerkstrukturen.

MerkmalField-Switch mit 100 Mbit/s Industrial Ethernet.Gespeister Ethernet-APL-Trunk.
Maximale Länge der Spurs<= 200 m für Kabel der Kategorie IV.<= 200 m für Kabel der Kategorie IV.
Maximale Länge des
Trunks
Lichtwellenleiter: Abhängig von der Art der Faser.
Normalerweise <= 2 000 m für Multimode-Fasern.
Kupferkabel: <= 100 m.
<= 1 000 m für Kabel der Kategorie IV.
Abhängig von der Energiebedarf der
Field-Switches, der APL-Feldgeräte und
dem verwendeten Kabel.
Spannungsabfall auf dem
Trunk ist zu berücksichtigen
Nein, es wird kein APL-Trunk verwendet.Ja.
Datenrate auf der HauptleitungTyp. 100 Mbit/s.10 Mbit/s.
Zu beachtende Netzlast auf
der Hauptleitung
Ja, aber bei einer Datenrate von 100 Mbit/s sind die
Auswirkungen vernachlässigbar.
Ja.
Vor Ort benötigte HilfsenergieJa, für die Energieversorgung der Field-Switches und
der daran angeschlossenen APL-Feldgeräte.
Nein, die Field-Switches werden über
den Trunk mit Energie versorgt.
PotentialausgleichBei Verwendung von Lichtwellenleitern zur Verbindung
der Field-Switches ist der Potentialausgleich
unkritisch.
Zu beachten, insbesondere bei großen
Leitungslängen.

Explosionsschutz

Für den Einsatz einer Kommunikationstechnologie in explosionsgefährdeten Bereichen ist ein einfach zu handhabendes Explosionsschutzkonzept entscheidend. Vergleichbar mit dem bekannten FISCO-Konzept für klassische Feldbusse wurde für Ethernet-APL ein Eigensicherheitskonzept entwickelt. Dieses Konzept wird als 2-WISE-Konzept (2-Wire Intrinsically Safe Ethernet) bezeichnet und ist in der IEC TS 60079-47 [9] spezifiziert. Die technische Spezifikation definiert universelle Grenzwerte für Eigensicherheitsparameter für Geräte, die in Ethernet-APL-gespeisten Spurs verwendet werden.

Abbildung 5 zeigt die Grundlagen für den 2-WISE-Ansatz. 2-WISE-Spurs können einen eigensicheren Source-Port (z.B. APL-Switch) und einen eigensicheren Load-Port (z.B. APL-Feldgerät) und maximal zwei APL-Auxiliary-Devices (z.B. Überspannungsschutzgeräte) umfassen. Alle verwendeten Geräte müssen nach 2-WISE zertifiziert sein. Das Spur-Kabel, das zum Verbinden von APL-Switch, APL-Feldgerät und APL-Auxiliary-Devices verwendet wird, darf bis zu 200 m lang sein (Kabelkategorie IV) und muss den folgenden Spezifikationen genügen:

Kabelwiderstand Rc: 15 Ohm/km … 150 Ohm/km
Kabelinduktivität Lc: 0.4 mH/km … 1 mH/km
Kapazität des Kabels Cc: 45 nF/km … 200 nF/km

Gespeiste 2-WISE-Spurs gelten als eigensicher, wenn ein 2-WISE-Source-Port, ein 2-WISE-Load-Port und bis zu zwei 2-WISE-Auxiliary-Devices mit einem Kabel der Kabelkategorie IV mit einer maximalen Länge von 200 m verbunden sind. Das Schutzniveau des Systems wird durch den 2-WISEAnschluss mit dem niedrigsten Schutzniveau bestimmt. Die 2-WISE-Geräte sind mit “2WISE “ und der üblichen Ex-Kennzeichnung beschriftet. Nach der Betrachtung der eigensicheren Spurs soll nun die Verbindung zwischen den Field-Switches betrachtet werden. Unter Bezugnahme auf die in Kapitel 3 beschriebenen unterschiedlichen Netzstrukturen lassen sich entsprechende Explosionsschutzkonzepte ableiten.

Abbildung 5: Grundlagen für den 2-WISE-Ansatz

Abbildung 6 zeigt ein Explosionsschutzkonzept, das auf der ursprünglich in Abbildung 3 vorgestellten Netzwerkstruktur basiert. Die Field-Switches sind über Lichtwellenleiter direkt mit dem 100 Mbit/s-Industrial-Ethernet-Automatisierungsnetzwerke verbunden. Ein Ethernet-APL-Trunk wird nicht verwendet. Die Field-Switches befinden sich in Zone 2. Eigensichere Spurs verbinden die Ethernet-APL-Field-Switches mit den Feldgeräten, die sich in Zone 1/Zone 0 befinden. Die Topologie weist die folgenden Merkmale auf:

  • Die Ethernet-APL-Field-Switches werden separat mit Energie versorgt, und die Ethernet-APL-Feldgeräte werden durch den Field-Switch über die Spurs mit Energie versorgt.
  • Das Ethernet-Automatisierungsnetzwerk (gelbe Linie) ist mindestens für den Einsatz in Zone 2 klassifiziert. In diesem Fall als Glasfasermedium dargestellt.
  • Die Spurs sind als eigensicher, Ex ia, klassifiziert, so dass die Ethernet-APL-Feldgeräte in der Zone 1/Zone 0 eingesetzt werden können.

Abbildung 6: Topologie mit 100 Mbit/s Industrial Ethernet Anschluss und in Zone 2 installierten Field-Switches

Wenn die Field-Switches zusammen mit den Feldgeräten in Zone 1 untergebracht werden sollen, kann eine alternative Struktur verwendet werden. Abbildung 7 zeigt eine Topologie, die den gespeisten Ethernet-APL-Trunk verwendet. Die Topologie weist die folgenden Merkmale auf:

  • Die Ethernet-APL-Field-Switches und die Ethernet-APL-Feldgeräte werden über den Trunk mit Energie versorgt.
  • Der Trunk ist in erhöhter Sicherheit gemäß Ex eb für Zone 1 ausgeführt.
  • Die Spurs sind als eigensicher Ex ia für Zone 1/Zone 0 klassifiziert.
  • Längenbegrenzungen/Spannungsabfall auf dem gespeisten Trunk sind zu beachten.

Andere Konfigurationen sind möglich. Weitere Informationen und die Anwendung dieser Konzepte für den US-Markt unter Verwendung von Classes und Divisions gemäß NEC 500 finden Sie in
der Ethernet-APL Engineering Richtlinie [3].

Abbildung 7: Topologie mit gespeistem Trunk und Field-Switches in Zone 1 

Überlegungen zur Netzlast/Kommunikationslast

Ethernet-APL verwendet Ethernet-Datenpakete, um die Messwerte zu übermitteln. Ein Ethernet-Datenpaket minimaler Größe umfasst 46 Byte Nutzdaten. Geringer Mengen an Nutzdaten werden bis zur minimalen Paketgröße aufgefüllt. Die folgende Abschätzung geht davon aus, dass die Messwerte eines typischen Ethernet-APL-Feldgerätes in ein Datenpaket mit minimaler Größe passen, auch wenn multivariable Sensoren verwendet werden. Daher wird für die folgenden Berechnungen ein Datenpaket mit 46 Byte Nutzdaten angenommen. Unter dieser Annahme lässt sich die in Abbildung 8 dargestellte Netzwerklast aus der Anzahl der Geräte und der Aktualisierungszeit der Geräte für bis zu 50 Geräte ableiten.

Abbildung 8: Schätzung der Netzlast für bis zu 50 Feldgeräte bei 10 Mbit/s Ethernet-APL

Die Netzwerkauslastung kann wie folgt überprüft werden: Es wird davon ausgegangen, dass ein Ethernet-APL-Netzwerk mit einer Netzaktualisierungsrate von 50 ms läuft und dass 20 APL-Messumformer an das Netzwerk angeschlossen sind. In diesem Fall sind 20 Geräte auf der x-Achse von Abbildung 8 auszuwählen. Die blaue Kurve (50 ms Netzwerkaktualisierungsrate) ist in diesem Fall zu wählen. Auf der y-Achse kann nun die Netzwerkauslastung abgelesen werden. Der Wert liegt bei 2,8 %. Dies ist die gesamte Netzwerklast der Sensoren, die Daten an den Controller bzw. den Field-Switch übermitteln (eingehender Verkehr). Da Ethernet-APL eine Vollduplex-Kommunikation unterstützt, ist gleichzeitig ein Datenverkehr von der Steuerung zu den Aktoren (ausgehender Verkehr) möglich. Das Berechnungsprinzip für eingehenden und ausgehenden Verkehr ist identisch. Es ist zu erkennen, dass die Netzlast nur dann ein Problem darstellt, wenn eine hohe Netzaktualisierungsrate verwendet wird. Typische Aktualisierungsraten in der Prozessindustrie (100 ms ... 1 s) verursachen auch bei einer größeren Anzahl von Sensoren nur eine geringe Netzwerklast. Ein Beispiel: 150 Geräte mit einer Aktualisierungsrate von 1 s verursachen eine Netzlast von 1,1 %. Damit verbleibt genügend Bandbreite für die azyklische Datenübertragung für Konfiguration, Diagnose und Asset Management. Die detaillierte Berechnung dieses Beispiels ist im Anhang der Ethernet-APL-Engineering-Richtlinie [3] zu finden. Auch wenn Ethernet-APL bei typischen Anwendungen eine ausreichende Bandbreite bietet, ist eine angemessene Unterstützung der Verkehrspriorisierung durch die Protokollschichten 2 bis 4 erforderlich, um sicherzustellen, dass die Echtzeitkommunikation nicht durch azyklische Datenübertragung gestört wird.

Erdungs- und Schirmungskonzept von Ethernet-APL

Ethernet-APL verwendet, wie in Kapitel 2 beschrieben, geschirmte Kabel. Unter der Annahme eines vermaschten Common Bonding Network (CBN) zum Potentialausgleich nach EN 50310 [13] und IEC 60364-4-44 [14] sollten die Kabelschirme des Ethernet-APL-Netzwerks an beiden Enden des Kabels mit dem CBN verbunden werden. Dies gilt sowohl für Trunks als auch für Spurs.
Abbildung 9 zeigt die direkte Verbindung der Kabelschirme an beiden Enden mit dem CBN. Es ist zu erkennen, dass die Komponenten bzw. deren Gehäuse über die Erdungsklemmen mit dem CBN verbunden sind. Parallel dazu sind die Kabelschirme mit dem Gehäuse verbunden. Die Kontaktierung des Kabelschirms sollte großflächig und mit geringer Impedanz erfolgen. Der Vorteil eines vermaschten CBN ist, dass die Ströme in den Maschen des Erdungssystems relativ gering sind, was auf die große Anzahl paralleler Pfade im CBN zurückzuführen ist. Daher ist es möglich, Kabelschirme an beiden Enden anzuschließen, ohne dass die Gefahr besteht, dass die Kabelschirme übermäßige vagabundierende Ströme führen.

Abbildung 9: Kabelschirm an beiden Enden mit dem CBN verbunden

Steht kein vermaschtes CBN zur Verfügung oder leidet das Potenzialausgleichssystem unter vagabundierenden Strömen, sollten die Kabelschirme nur an einem Ende direkt mit dem CBN verbunden werden und am anderen Ende über einen Kondensator, wie in Abbildung 10 dargestellt.

Abbildung 10: Kabelschirm mit einem Ende direkt und mit dem anderen Ende über einen Kondensator mit dem CBN verbunden

Ethernet-APL-Feldgeräte unterstützen die direkte Schirmung. Ethernet-APL-Switches unterstützen sowohl den direkten als auch den kapazitiven Anschluss des Kabelschirms an das CBN. Beachten Sie, dass der Anschluss des Kabelschirms über einen Kondensator die Störfestigkeit des Kabels gegen Magnetfelder verringert. Magnetfelder werden zum Beispiel von ungeschirmten Energieversorgungsleitungen erzeugt, die Ströme mit Frequenzen oberhalb von 50 Hz führen (z. B. Leitungen, die einen Motor mit einem Frequenzumrichter verbinden). Um die reduzierte Störfestigkeit zu kompensieren, sollte der Mindestabstand zwischen dem Ethernet-APL-Kabel und dem Energieversorgungskabel vergrößert
werden.

Nach IEC 60079-14 [15] ist eine beidseitige Erdung des Kabelschirms im Ex-Bereich nur dann zulässig, wenn “in hohem Maße sichergestellt ist, dass zwischen beiden Enden des Stromkreises ein Potentialausgleich besteht”. Können die Ströme im Potentialausgleich nicht minimiert werden, d. h. der Potentialausgleich ist nicht in hohem Maße gewährleistet, muss der Stromfluss vom Potentialausgleich über den Schirm verhindert werden. Die IEC 60079-14 [15] schreibt in diesem Fall einen einseitigen Schirmanschluss oder einen beidseitigen Schirmanschluss mit einseitigem Kondensator vor. Dieser Kondensator reduziert allerdings die Wirksamkeit des Schirms gegen Magnetfelder. Dennoch werden die Geräte auch bei kapazitiver Schirmung die üblichen EMV-Anforderungen erfüllen. Gegebenenfalls kann die durch den Kondensator reduzierte Schirmwirkung durch eine Vergrößerung des Abstands zwischen dem Ethernet-APL-Kabel und dem Energiekabel ausgeglichen werden.

Zusammenfassung

Dieser Artikel gibt einen kurzen Überblick über die Planungsgrundsätze für Ethernet-APL-Netzwerke. Aufgrund des begrenzten Umfangs eines solchen Artikels konnten nur die Grundprinzipien angesprochen werden. Detaillierte Informationen werden in der Ethernet-APL Engineering Richtlinie [3] gegeben. Dort werden weitere Informationen, wie z. B. Best-Practice-Beispiele, Migrationsbeispiele, Installationsanweisungen, Überspannungsschutz und Anleitungen für einen Abnahmetest, gegeben. Die Richtlinie steht inzwischen in deutscher und in englischer Sprache zur Verfügung.

Referenzen
[1] IEEE Computer Society: IEEE Standard for Ethernet - Amendment 5: Physical Layer Specifications and Management Parameters for 10 Mb/s Operation and Associated Power Delivery over a Single Balanced Pair of Conductor s, IEEE 802.3cg-2019, 2019. URL: https://standards.ieee.org/standard/802_3cg-2019.html.
[2] APL Project: Ethernet APL Port Profile Specification: Ethernet-APL Network and Port Requirements. 2021. URL: www.ethernet-apl.org/library 
[3] K.-H. Niemann: Ethernet APL Engineering Richtline: Planung, Installation und Inbetriebnahme von Ethernet-APL-Netzwerken. 2021 URL: https://www.profibus.com/download/engineering-guideline-ethernet-apl
[4] ISO - International Standardization Organization: Information technology - Open Systems Interconnection - Basic Reference Model: The Basic Model, IS0/IEC 7498-1:1994(E), Nov. 1994. URL: https://www.iso.org/standard/20269.html
[5] NAMUR - Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie e.V.: NAMUR-Empfehlung NE 74, Anforderungen an einen Feldbus 2016.
[6] NAMUR - Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie e.V.: NAMUR-Empfehlung NE 168, Anforderungen an ein Ethernet-Kommunikationssystem für die Feldebene, 2018.
[7] ASTM International: ASTM D4566-05: Test Methods for Electrical Performance Properties of Insulations and Jackets for Telecommunications Wire and Cable, 2005.
[8] IEC - International Electrotechnical Commission: Industrial communication networks - Fieldbus specifications - Part 2: Physical layer specification and service definition, IEC 61158-2:2014, Jul. 2014.
[9] IEC - International Electrotechnical Commission: IEC TS 60079-47 Explosive atmospheres - Part 47: Equipment protection by 2-wire intrinsically safe Ethernet concept (2-WISE), 2021.
[10] DIN Deutsches Institut für Normung e. V: DIN EN 60079-14:2014-10; VDE 0165-1:2014-10: Explosionsgefährdete Bereiche - Teil 14: Projektierung, Auswahl und Errichtung elektrischer Anlagen (IEC 60079-14:2013); Deutsche Fassung EN 60079-14:2014. Beuth Verlag, Berlin, 2014. (Ein neuerer Entwurf liegt vor.)
[11] IEC - International Electrotechnical Commission, ISO - International Standardization Organization: ISO/IEC 11801-3 Information technology - Generic cabling for customer premises - Part 3: Industrial premises, 2021. URL: https://www.vde-verlag.de/iec-normen/preview-pdf/info_isoiec11801-3%7Bed1.1%7Den.pdf.
[12] IEC - International Electrotechnical Commission: IEC 61156-13 ED1 Multicore and symmetrical pair/quad cables for digital communication - Part 13: Symmetrical single pair cables with transmission characteristics up to 20 MHz - Horizontal floor wiring - Sectional specification. URL: https://www.iec.ch/dyn/www/f?p=103:38:410890527181059::::FSP_ORG_ID,FSP_APEX_PAGE,FSP_PROJECT_ID:1366,23,101617.
[13] European Committee for Electrotechnical Standardization (CENELEC): EN 50310 Telecommunications bonding networks for buildings and other structures, 2016.
[14] IEC - International Electrotechnical Commission: IEC 60364-4-44:2007+AM D1:2015+AMD2:2018 CSV (Consolidated Version) Low-voltage electrical installations - Part 4-44: Protection for safety - Protection against voltage disturbances and electromagnetic disturbances, 2018.
[15] IEC - International Electrotechnical Commission: EC 60079-14 Explosive atmospheres - Part 14 - Electrical installations design, selection and erection, 2013.

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