Fragen und Antworten rund um die Schutzart Überdruckkapselung Ex p

Die Zündschutzart Überdruckkapselung (Ex p) ist robust, langlebig, anwenderfreundlich, platz- und gewichtssparend sowie kostengünstig. Doch viele Anwender sind sich unsicher im Umgang mit der Zündschutzart Überdruckkapselung (Ex p). Gehören Sie auch dazu? Dann finden Sie Antworten auf häufige Fragen im Umgang mit dieser Schutzart.

Was ist die Schutzart Überdruckkapselung Ex p?

Das Ex p-System ist in den gasexplosionsgefährdeten Bereichen der Zonen 1 und 2 sowie den staubexplosionsgefährdeten Bereichen der Zonen 21 und 22 einsetzbar. Steuerungs- und Überwachungssysteme in der Zündschutzart Überdruckkapselung bestehen immer aus einem Ex p-Steuergerät, Ex p-Druckwächtern sowie Ex p-Spülventilen mit digitaler und proportionaler Regelung.

Bei diesem Prinzip wird ein geschlossenes Gehäuse oder ein größerer Schrank, welcher sich innerhalb des Ex-Bereiches befindet, solange mit Zündschutzgas durchspült, bis die sich im Innern befindlichen brennbaren Gasgemische soweit verdünnt sind, dass ein Ex-freier Bereich entstanden ist. Nach dieser „Vorspülphase“ wird dann ein leichter Überdruck gegenüber der umgebenden Ex-Atmosphäre erzeugt und überwacht. Anschließend können nicht explosionsgeschützte Betriebsmittel innerhalb des Gehäuses oder Schrankes gefahrlos zugeschaltet werden.

Auf Basis von Zeitintervallen und Druckauswertungen werden über die Spülventile Zündschutzgase z.B. Druckluft in das Innere des Ex p-Gehäuses transportiert und automatisch geregelt. Zusätzlich kann im Innern eine Temperaturüberwachung und -regelung zur adäquaten Kühlung integriert. Dabei decken die Systeme Anforderungen von sehr kleinen (10 Liter-Volumen) bis hin zu sehr großen Ex p-Schaltschränken mit Volumina von 4.000 Litern ab.

Wie funktioniert die Schutzart?

Der Betrieb einer klassischen Überdruckkapselung Ex p unterteilt sich in drei Schritte:

Vorbereitungsphase: Über das Spülventil werden definierte Mengen an Druckluft oder Inertgase in das Ex p-Gehäuse zugeführt und ein Überdruck generiert. Ist dieser erreicht und erkennt das Ex p-Steuergerät diesen beginnt die sogenannte Vorspülphase, die über das Ex p-Steuergerät reguliert wird.

Vorspülphase: Vor Inbetriebnahme der im Inneren des Schaltschranks befindlichen Betriebsmittel muss ein potenziell vorhandenes explosionsfähiges Gemisch dem Gehäuse entzogen werden. Nach Erreichen des vorab eingestellten Gehäuse-Innendrucks öffnet sich das Spülventil. Es folgt die Durchspülung mit Zündschutzgas durch die zusätzliche Öffnung des Luftaustrittsventils. Diese Luftaustrittsventile (Druckwächter) werden an verschiedenen Stellen positioniert, um für kontrollierte Strömungsverhältnisse zu sorgen. Von Vorteil sind die sehr kurzen Spülzeiten bei sehr kleinen Druckbelastungen (0,002 bar). Dadurch können dünnere Schaltschrank-Wandstärken (kleiner als 2 mm) verwendet werden. Dies senkt die Kosten. Ist diese Vorspülphase beendet, schließt sich das Spülventil und der Spülfluss stoppt. Der Gehäuse-Innendruck stellt sich erneut auf den voreingestellten Wert ein und das Luftaustrittsventil schließt.

Betriebsphase: Der Normalbetrieb beginnt und die Steuereinheit kontrolliert und reguliert den Gehäuse-Innendruck, um das Eindringen explosionsfähiger Gase oder Stäube zu verhindern. Leckverluste werden automatisch durch das Spülventil ausgeglichen.

Welche Vorteile hat die Schutzart Ex p?

Die Schutzart Ex p ist äußerst robust, langlebig (15 Jahre Lebensdauer sind keine Seltenheit) und sie ist sehr anwenderfreundlich. So können handelsübliche Ex e-Gehäuse, aber auch kleinere und größere Standardgehäuse verwendet werden. Außerdem sind die Gehäuse wesentlich leichter als bei anderen Schutzarten. Zum Vergleich: Ein typisches Ex d-Gehäuse wiegt 180 Kilogramm, das entsprechende Ex p-Gehäuse liegt hier bei nur 40 Kilogramm. Auch die Durchführungen von innen nach außen müssen nicht in der Schutzart Ex d ausgeführt sein. Es können Ex e-Kabelverschraubungen, auch für Rohre und Schläuche, verwendet werden. Mittlerweile ist auch der Einsatz in einem weiten Temperaturbereich (von -30…+60 °C) möglich, da die Einheiten klimatisiert werden können.

Welche Gehäuse kann ich verwenden?

Der einfachste Einstieg in die Ex p-Schutzart ist die Verwendung von vorkonfektionierten Einheiten. In diesen lassen sich auch eigene Geräte unterbringen. Es ist auch möglich, ein U-bescheinigtes Ex p-Leergehäuse bereit zu stellen. Dabei wird empfohlen, ein Gehäuse mit Standard-Abmessungen zu wählen. Grundsätzlich besteht zudem die Möglichkeit, ein Leergehäuse selbst herzustellen (lassen), ein passendes Ex p-System zu kaufen und die Komponenten selbst zusammenzuführen.

Hintergrund ist, dass in der Gesamtzulassung über eine Prüfstelle, befähigte Person oder zugelassene Firma das „halbfertige Gesamtprodukt“ allen erforderlichen Prüfungen unterzogen wird. Dabei hilft es, wenn zumindest das verwendete Leergehäuse mit Ex p-System ein U-bescheinigtes Betriebsmittel ist. Ist das Leergehäuse kein U-bescheinigtes Betriebsmittel, muss zusätzlich die gesamte Oberfläche nach den Anforderungen der Ex p-Norm IEC 60079-2 geprüft werden.

Ist bei Veränderungen am System, z.B. bei einer zusätzlichen Anbauverschraubung, eine neue Abnahme nötig?

Das kommt darauf an. Bei Verschraubungen oder zwei zusätzlichen Klemmen, ist keine erneute Abnahme nötig. Bei neuen Ausbrüchen, etwa zum Beispiel beim Einbau von Bedienterminals, ist jedoch eine neue Bewertung des Ex p-Gehäuses notwendig. Wenn nur ein altes gegen ein neueres Panel getauscht wird, genügt unter Umständen ein Blick in die Dokumentation des Original-Ex p-Schranks, ob es Einschränkungen in Bezug auf einen Austausch gibt.

Wenn zusätzliche Geräte im Innern ergänzt werden, muss neben der Abnahme zum Beispiel auch überprüft werden, ob die Spülphase noch stimmig ist, da das innere Volumen reduziert wurde.

Es empfiehlt sich daher, zunächst mit der Prüfstelle oder dem Hersteller zu klären, ob die Einbauten einen Einfluss auf Temperatur oder Spülvorgänge haben. Im Übrigen gibt es keine Reparaturzeichen oder ähnliches für einen Ex p-Schrank. Alle Änderungen bedürfen einer Neuabnahme mit einem Typenschild.

Wie sieht es bei Zone 1/21 mit Energiespeichern wie Netzteilen oder Frequenzumformern aus? Scheiden diese als Einbau-Geräte aus?

Bei einer Verwendung von Energiespeichern muss sichergestellt sein, dass die gespeicherte Energie im Fehlerfall abgebaut wird, bevor die Türe des Ex p-Schankes geöffnet wird. Pufferbatterie (typisch 3V) in Ex p-Schränken gelten als ungefährlich, größere Energiespeicher sind jeweils zu bewerten.

Was ist ein U-bescheinigtes Betriebsmittel?

Das U steht für unvollständig. Das bedeutet: U-bescheinigte Betriebsmittel sind Geräte, die einen zusätzlichen Ex-Schutz benötigen. Zum Beispiel benötigt eine U-bescheinigte Anschlussklemme noch einen IP-Schutz. Auch bei einem U-bescheinigtem Ex p-Gehäuse müssen die nachträglich eingebauten Betriebsmittel bewertet werden.

Gibt es Begrenzungen in den umsetzbaren Leistungen?

Die Überdruckkapselung ist im Prinzip nicht in den umsetzbaren Leistungen begrenzt. Es kommt nur darauf an, wie groß ein Ex p-Schrank oder die Ex p-Anwendungen sind. Zu beachten ist: Ex p-Anwendungen befinden sich innerhalb geschlossener und damit dichter Gehäuse. Auftretende Verlustleistungen, also Wärmeströme, müssen entfernt werden. Hierzu stehen verschiedene Klimatisierungssysteme zur Verfügung. Bezüglich hoher Spannungen und Ströme muss zudem darauf geachtet werden, dass die Abstände zwischen den Bauteilen nach den relevanten Standards eingehalten werden.

Muss das Ex p-Gehäuse immer neu aufgebaut werden?

Nein. Wenn die zu schützende Anlage bereits ein Schutzgehäuse besitzt, dieses nach einer ersten Begutachtung Ex p geeignet ist, kann dieses auch verwendet werden. Dies ist z.B. bei großen Ex p-Motoren üblich, da hier das Maschinengehäuse bereits stabil genug und geeignet ist.

Muss jede Ex p-Anwendung komplett über eine Prüfstelle neu zertifiziert werden?

Hier kommt es darauf an, ob der Hersteller, also derjenige, der die komplette Ex p-Anwendung verantwortlich herstellt oder abschließend prüft, die notwendige Erlaubnis besitzt, diese auch zu zertifizieren. Dies ist bei R. STAHL der Fall. Daher kann das Unternehmen selbst Ex p-Anwendungen prüfen und mit gültigen Typenschildern versehen.

Was ist, wenn ich nur ein Ex p-System beschaffe und keine Ex p-Zertifikate besitze?

Dies kommt häufiger vor. Meist bei Anlagenbauern, die funktionstüchtige Steuerungen herstellen und dabei bereits geeignete Umgehäuse verwenden. Hier kann nachträglich eine Prüfstelle eingeschaltet oder der Hersteller des Ex p-Systems befragt werden, ob dieser die abschließenden Prüfungen erledigen und ein Typenschild für das Inverkehrbringen aufbringen kann.

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