Digitalisieren und dabei Kosten sparen – mit Remote I/O

Derzeit eröffnet sich ein ganzer Strauß an Möglichkeiten, existierende Prozessanlagen zu digitalisieren und ins Industrie 4.0-Zeitalter zu überführen. Unbestreitbar bieten sich dadurch neue Chancen: etwa durch Predictive Maintenance, bessere Konnektivität oder neue Erkenntnisse durch Big Data. Soweit die Theorie. In der Praxis ist der Weg in die digitale Zukunft zuweilen mühsam, teuer oder sogar beides – und ganz speziell bei Installationen in explosionsgefährdeten Bereichen. Remote I/O hilft beim Übergang und sorgt gleichzeitig für Einsparungen.

Remote I/O-Technologie = einfacher und praxisnah

In vielen Vorträgen, Artikeln und Gesprächen rund um die Vorteile einer digitalen Anlage wird gerne vernachlässigt, dass die Zahl der Feldgeräte, insbesondere die der intelligenten Komponenten, durch diese neuen Aufgaben wächst. Und dies zieht erst einmal ganz handfeste Überlegungen nach sich. Denn mehr Sensoren bedeutet auch einen erhöhten Platzbedarf vor allem im Schaltraum, aber auch ein Vielfaches an Kabeln und Anschlüssen. Damit steigen die Arbeitskosten für Installation, Inbetriebnahme und Wartung – nicht zu vergessen der dazu erforderliche Planungsaufwand. Denn insbesondere in existierenden Anlagen und Infrastrukturen müssen Erweiterungen detailliert geplant werden, um die Kosten für Kabel und Installation niedrig zu halten. 

Ob Neuanlage oder Erweiterung, noch immer ist damit viel Engineeringaufwand verbunden. Ganz zu schweigen von der zeitintensiven Installation von Schaltschränken, Kabeln und Anschlüssen. Daran schließt sich die Inbetriebnahme mit der typischen Fehlersuche und Behebung an. Häufig kommt es dadurch zu Verzögerungen und einem verspäteten Start der Anlage. Auch später im Betrieb sind Änderungen oder Erweiterungen meist schwierig, langwierig und teuer – insbesondere wenn die Installationen auch noch in explosionsgefährdeten Bereichen stattfindet. Ganz zu schweigen davon, dass hier häufig weiterer kostbarer Platz im Schaltraum für Trennstufen und IO-Karten quasi verschwendet wird.

Man muss sich bewusstmachen: Dieser Aufwand wird betrieben, um einen Prozesswert aus dem Feldgerät auszulesen! Einfacher und praxisnäher mit einem deutlichen Zuwachs an Informationen ist es, wenn statt der traditionellen Punkt-zu-Punkt-Installation die Remote I/O-Technologie zum Einsatz kommt.

Offen für viele Signale

Mit vielen Remote I/O-Systemen wie z.B. dem Remote I/O-System von R. STAHL vom Typ IS1+, lassen sich fast alle Arten von Ein-/Ausgangs-Signalen verwerten – sowohl eigensichere und nicht-eigensichere Signale sowie HART IO-Signale. Analoge und Temperatur-Sensoren (Thermoelemente, Pt100 etc.), sowie binäre Signale von Kontakten, Näherungsinitiatoren, Magnetventilen oder LEDs können ebenso verarbeitet werden, wie Sondersignale von Ventilinseln, hohe Frequenzen oder Joystick-Anwendungen. Inzwischen haben sich multifunktionale, konfigurierbare E/A-Module etabliert und erweisen sich als sehr flexibel bei Inbetriebnahmen und Erweiterungen.

Installation auch in rauen Bereichen

Speziell explosionsgeschützte Remote I/O-Systeme für die Zone 1, wie das IS1+ von R. STAHL, sind robust und haben auch mit extrem heißen oder kalten Umgebungen kein Problem. Allerdings sollten erfahrene Partner, die sich mit Remote I/O als auch mit Installationen in explosionsgefährdeten Bereichen und extremen Umgebungen auskennen, eine solche Einführung planerisch begleiten.

Remote I/O-Systeme vom Typ IS1+ sind für alle Einsatzfälle in Zone 1 und 2 (ATEX, IEC) / DIV 1 und 2 (NEC) geeignet und kommen seit vielen Jahren in rauen Umgebungen der Öl- und Gas-Industrie (Onshore/Offshore) zum Einsatz. Auch in LNG- und FPSO-Anwendungen, sowie in der Chemie, Petrochemie und Pharmazie ist das IS1+ Remote I/O seit vielen Jahren erfolgreich im Einsatz. Die Systeme zur Installation in Zone 1 benötigen keine speziellen Ex d- oder Ex p-Gehäuse. Vielmehr stehen Plug-and-Play-Systeme mit Ex-Zertifizierung in entsprechenden Kunststoff- und Edelstahlgehäusen für den jeweiligen Einsatzzweck und -ort zur Verfügung.

Diagnose und Wartung werden einfacher

Es gibt weitere handfeste Vorteile: Während sich bei 4...20 mA nur wenige Fehler diagnostizieren ließen, unterstützt das Remote I/O-System IS1+ bei der Fehlersuche und beim Asset Management durch seine integrierte pro-aktive Diagnose und eine Warnung am Ende der Lebensdauer (gemäß NE107). Wartungsfreundliche lokale Fehleranzeigen mit LEDs für E/A und Module sowie Alarme und Warnungen, die sich direkt ablesen lassen, unterstützen den Anwender im täglichen Betrieb. Interessant sind hierbei moderne Wartungs-Tools, die über Webserver oder auch OPC UA entsprechende Meldungen z.B. in Clouds liefern. Ein hot swap/hot work ist für alle IS1+ Remote I/O-Module selbst im Ex-Bereich möglich. Feldstationen dürfen jederzeit in Zone 1 für Wartungszwecke geöffnet werden, um z.B. eine IO-Karte zu wechseln, ohne dass dafür eine spezielle Genehmigung nötig wäre.

Und wie sieht es mit den Kosten aus?

Vergleicht man die Kosten zwischen Installationen mit konventionellen I/Os gegenüber Remote I/Os ergeben sich eine ganze Reihe an Einsparungen. Betrachtet man die CAPEX (Capital Expenditure), also die Kosten, die entstehen, bis eine Anlage produziert, reduziert sich allein die Zahl der benötigten Komponenten und Arbeitsschritte. Dies sind unter anderem Kabel, IO-Karten, Trennstufen, Verdrahtung, Anschlüsse, Schaltschränke, Rangierverteiler oder Klemmenkästen. Auch der Aufwand für Planung, Inbetriebnahme und Korrekturen/Änderungen sinkt, was häufig das größte Einsparpotenzial darstellt. Nicht zu vergessen: auch der Platzbedarf in der Schaltwarte wird weniger und nicht zuletzt reduziert sich das Gesamtgewicht der Installation, was insbesondere auf Schiffen und Plattformen eine große Rolle spielt.

Darüber hinaus ergeben sich auch bei den OPEX (Operational Expenditure) erhebliche Einsparungen, da man schneller die Produktion starten kann (Time to production) und sich im Falle von Wartungsarbeiten durch das modulare, hot-swap fähige Konzept eines Remote I/O die Abschaltungen verkürzen oder ganz vermeiden lassen. Durch die integrierten Alarme und Warnungen werden sogar ungeplante Anlagenstillstände häufig ganz verhindert, was im Extremfall enorme Kosten einspart. Nicht vernachlässigt werden sollte, dass eine bessere Prozesssteuerung möglich ist, weil mit der hochwertigen digitalen Kommunikation auch mehr und genauere Diagnosen möglich sind. Dadurch erhöht sich die Produktqualität.

Anhand von vier Szenarien sollen beispielhaft die Kostenunterschiede zwischen klassischer Verdrahtung und dem Remote I/O-System IS1+ für die Anwendung im Ex-Bereich gezeigt werden. Dabei liegen die typischen Stundenlöhne im europäischen oder nordamerikanischen Raum zu Grunde.

Szenario 1: Sehr kleine Signalmengen

Ausgegangen wird von 16 I/O-Signalen, 130 Meter Entfernung (zwischen Feldgerät und Verteiler liegen 30 Meter, zwischen Verteiler und Schaltraum 100 Meter), Reserven sind nicht eingeplant. Während sich die CAPEX-Kosten für die konventionelle Verdrahtung auf 120.000 Euro belaufen, liegen diese bei Remote I/O bei 100.000 Euro. Dies Ersparnis beläuft sich auf 17 Prozent.

Fazit: Sogar ein sehr kleines Remote I/O mit nur 2 I/O-Modulen kann preiswerter sein als eine konventionelle Installation.

Szenario 2: Mittlere Anzahl an Signalen

Hier wird von 300 I/O-Signalen, 230 Meter Entfernung (zwischen Feldgerät und Verteiler liegen 30 Meter, zwischen Verteiler und Schaltraum 200 Meter) und einer Reserve von 20 Prozent ausgegangen. Hier spart Remote I/O sogar ein Viertel der Kosten. Die Kosten für konventionelle Trennstufen liegen bei 1.770.000 Euro, für Remote I/O bei 1.320.000 Euro.

Fazit: Umso näher das Remote I/O bei den Feldgeräten liegt und je weiter die Entfernung zum Schaltraum, desto höher die Einsparung.

Szenario 3: Große Signalmengen

In der Beispielrechnung werden 1000 I/O-Signale mit einer Entfernung von 230 Metern (zwischen Feldgerät und Verteiler liegen wieder 30 Meter, zwischen Verteiler und Schaltraum 200 Meter) und 20 Prozent Reserve angenommen. Auch hier lässt sich durch Remote I/O ein Viertel der Kosten sparen. Die Kosten für eine konventionelle Installation liegen bei 5.840.000 Euro, für Remote I/O bei 4.340.000 Euro.

Fazit: Es ist nur ein Richtwert, aber mit Remote I/O lassen sich fast immer ca. 25 Prozent der Kosten sparen.

Szenario 4: Große Signalmengen und weite Entfernungen

Legt man nun den Berechnungen 1000 I/O-Signale, 1000 Meter Entfernung und eine Reserve von 20 Prozent zugrunde, ergibt sich ein noch größerer Unterschied. Die Kosten mit konventionelle Trennstufen liegen bei 19.750.000 Euro – für IS1+ Remote I/O dagegen bei nur 5.140.000 Euro. Obwohl hier sogar auf Grund der Entfernung mit Lichtwellenleiter geplant wurde.

Fazit: Bei Anwendungen mit sehr großen Distanzen (z.B. Tank Farm) spart Remote I/O richtig Geld!
 

Leichter und kühler unterwegs

Interessant ist zudem der Gewichts-Aspekt, der nicht nur auf Ölplattformen eine Rolle spielt. Geht man von Szenario 3 aus, liegt das Gewicht in der konventionellen Installation bei 23 Tonnen, wenn man die Reserve mitrechnet, sind es noch einmal 4,6 Tonnen mehr. Das IS1+ Remote I/O ist dagegen ein Leichtgewicht mit einem Gewicht von 3,8 Tonnen. Auch beim Platz punktet Remote I/O. Für 10.000 I/O-Signale werden beim konventionelle Ansatz 50 Schränke benötigt, die ca. 64 m² einnehmen und 140.000 Anschlusspunkte (10.000 Twisted Pair Feldkabel, 420 Feld-Verteiler) benötigen. Bei Remote I/O werden dagegen in der Warte nur 2 Schränke mit 2,5 m² und 22.000 Anschlusspunkte (60 Buskabel, 150 Remote I/O) benötigt.

Während sich früher der Fokus darauf konzentrierte, was es kostete, eine Anlage zu bauen, rücken heute die Betriebskosten in den Vordergrund und hier vor allem die Energiekosten. Da weniger Schaltschränke mit weniger Elektronik benötigt werden, verbraucht man weniger Strom und auch der Aufwand für die Kühlung in der Schaltwarte sinkt. Allein die Verlustleistung für 10.000 Ex i-Analog-Eingangssignale (2-Leiter Messumformer) beträgt bei einkanaligen Trennstufen 18.000 Watt, bei zweikanaligen Trennstufen 15.000 Watt plus die zusätzliche Verlustleistung für die I/O-Karten im Prozessleitsystem (ca. 625 Karten). Remote I/O IS1+ benötigt dagegen nur 7.000 Watt. Schon dadurch lassen sich bis zu 60 Prozent der Kosten sparen. Und durch die Installation im Feld wird auch der Kühlbedarf im Schaltraum deutlich reduziert.

Zielgerichtete Wartung

Darüber hinaus bieten Diagnosen und die Integration eines Remote I/O in Plant Asset Management-Systeme weiteres Potenzial, um die Kosten zu reduzieren. So wird weniger Personal im Feld (und damit auch in den Ex-Bereichen) benötigt. Konfigurationsänderungen für I/O-Funktionen und in HART-Feldgeräten sind schnell aus der Ferne möglich. Hier sind inzwischen leistungsfähige Software Tools (DTM, OPC UA, Webserver, FDI) auf dem Markt, die bei Diagnose und Analyse unterstützen. Dazu tragen lokale Informationen (etwa LEDs, Anzeiger) und Informationen (Status, Warnung, Alarm) bei, ebenso wie pro-aktive Wartungsfunktionen, wie die NE107-konformen Statusinformationen. So misst das Remote I/O solche Parameter kontinuierlich, die für die Lebensdauer des Systems entscheidend sind, wie Umgebungstemperatur, Temperaturwechsel, Lastbedingungen oder Schaltzyklen. Daraus lässt sich die zu erwartende Lebensdauer errechnen, worauf hin der Operator frühzeitig über eine Wartung oder drohenden Ausfällen gewarnt werden kann.

Ausblick

Remote I/O-Syteme wie das IS1+ von R. STAHL bieten große Einsparmöglichkeiten für das Arbeiten, die Inbetriebnahme und die Fehlerbehebung, selbst bei kleinen Installationen. Remote I/O legt den Grundstein für digitale Netzwerkstrukturen und ebnet damit den Weg in die Digitalisierung. Besonders interessant dürften Aufgaben im Rahmen des NOA-Konzeptes (Namur Open Architecture) werden, da damit auch in der Prozessindustrie erweiterte Diagnosen, Condition Monitoring und generell eine bessere Prozesstransparenz möglich ist. Dies bietet neue Chancen für die Optimierung von Prozessen.

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