Bio-LNG treibt die Energiewende voran

Bio-LNG spielt im Rahmen der Energiewende eine große Rolle. Insbesondere im Schwerlastverkehr sowie in der Schifffahrt lassen sich durch seinen Einsatz große CO2-Äquivalente einsparen. Die Nachfrage steigt – und mit ihr auch die nach geeigneter Technik zur Verflüssigung von Biomethan. Sowohl große zentrale als auch kleine dezentrale Anlagen können mit Hilfe von ex-zertifizierter Technik von R. STAHL sicher betrieben werden.

Bio-LNG stützt Verkehrs- und Energiewende

LNG (Liquefied Natural Gas, Flüssig-Erdgas) ist derzeit ein nachgefragter Stoff. Er lässt sich platzsparend lagern und per Schiff, Lkw oder Zug an nahezu jeden beliebigen Ort transportieren. Zwei zusätzliche Vorteile kann Bio-LNG, also verflüssigtes Biomethan, für sich verbuchen. Es kann dezentral erzeugt werden – im Prinzip überall dort, wo Biogas (Faulgas)-Anlagen betrieben werden. Der größte Vorteil gegenüber Methan und LNG aus fossilen Quellen aber ist: Bio-Methan und damit auch Bio-LNG gehören zu den erneuerbaren, klimaneutralen Energieträgern. Sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt – voraussichtlich also auch dann noch, wenn die Erdgasvorkommen irgendwann versiegen.

Biomethan wird durch Aufreinigung von Biogas erzeugt. Dieses wiederum entsteht, neben Kohlendioxid, bei der Vergärung von Biomasse. Häufig werden Futtermittelrückstände, Gülle, Mist, organische Abfälle aus Industrie, Handel sowie diverse Energiepflanzen als Gärsubstrat genutzt. Dabei variiert der Methangehalt, je nach Art der Biomasse, stark – zwischen 50 und 75 Prozent. Zudem enthält Biogas Wasser, Schwefelwasserstoff, Sauerstoff und weitere Verunreinigungen. Bevor es verflüssigt und beispielsweise als Treibstoff eingesetzt, in KWK-Anlagen genutzt oder gasförmig ins Erdgasnetz eingespeist werden kann, muss das Biogas gereinigt und aufbereitet werden. Anschließend hat es einen deutlich höheren Methangehalt von 80 Prozent (sogenanntes L-Gas) bis zu 98 Prozent (H-Gas).

In verflüssigter Form, also als Bio-LNG (Liquefied Natural Gas), wird Biomethan ein großes Potenzial in der Schifffahrt und im Schwerlasttransport zugeschrieben. Denn es ist emissionsarm und hat eine hohe Energiedichte. Im Gegensatz zu Diesel entstehen bei seiner Verbrennung nahezu keine Schwefel- oder Stickoxide und kaum Feinstaub. Gegenüber dem Einsatz von fossilem LNG spart der Einsatz von Bio-LNG zudem mehr als 80 Prozent CO2-Äquivalente.

Bio-LNG für Lkw und die Schifffahrt – nicht nur als Brückentechnologie

In vielen Ländern könnte die Nachfrage nach LNG im Straßengüterverkehr und in der Schifffahrt bis 2030 komplett durch Bio-LNG gedeckt werden. So geht etwa die Deutsche Energieagentur DENA davon aus, dass in Deutschland die Nachfrage nach LNG aus diesem Sektor bis 2030 auf 35 bis 117 PJ steigen könnte. Das Biogaspotenzial, das bis dahin erschließbar wäre, beträgt bis zu knapp 697 PJ. Somit könnte Bio-LNG einen deutlichen Beitrag dazu leisten, die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor zu senken. Für Nutzfahrzeuge über 18 t, die vor allem im Langstreckenverkehr eingesetzt werden, gilt Bio-LNG aktuell als einzige massentaugliche Lösung, um die Emissionen nachhaltig zu verringern. Friedrich Lesche, Manager Public Affairs beim Nutzfahrzeughersteller Iveco, ist sogar davon überzeugt, dass hier nicht nur eine Brückentechnologie entsteht, sondern Bio-LNG langfristig zur Dekarbonisierung eingesetzt werden könne.  Auch für Busse kann Bio-LNG genutzt werden. Dies geschieht beispielsweise bereits in Oslo. Dort wird der in der Stadt anfallende Bioabfall vergoren.

Boom für zentrale und dezentrale Verflüssigungsanlagen

Angesichts der hohen zu erwartenden Nachfrage entstehen derzeit an viele Orten Verflüssigungsanlagen für Biomethan. Wie bei der Erdgas-Verflüssigung wird das aufgereinigte Biomethan dazu auf eine Temperatur von -162 °C gekühlt. In flüssiger Form weist es nur etwa ein Sechshundertstel des Volumens von gasförmigem Methan unter Normaldruck auf. Grundsätzlich existieren zwei Konzepte für die Bio-LNG-Herstellung:

  1. Das Biomethan wird dezentral am Ort der Biogasproduktion verflüssigt.
  2. Biomethan wird in das Erdgasnetz eingespeist und – nach der massenbilanziellen Entnahme – zentral in Großanlagen oder dezentral am Ort des Verbrauchs verflüssigt.

Das erste Konzept eignet sich insbesondere dann, wenn am Ort der Biogasproduktion kein Zugang zum Gasnetz besteht. Es vermeidet Kosten der Einspeisung ins Gasnetz. Kann das Bio-LNG vor Ort zur Betankung von z. B. landwirtschaftlichen Maschinen oder Lkws genutzt werden, entfällt zudem der Transport. Daraus resultiert eine besonders günstige Ökobilanz.

Wird die Verflüssigung von der Biogasproduktion entkoppelt, können dafür großskalige Liquefaction-Anlagen zum Einsatz kommen, wie sie auch bereits zur Verflüssigung von fossilem Erdgas genutzt werden. Diese Technik ist seit Jahrzehnten erprobt und ausgereift. Auch an sehr großen zentralen Biogasanlagen kann sie zum Einsatz kommen, wie sie derzeit beispielsweise im Kreis Cloppenburg zwischen Friesoythe und Saterland entsteht. In Dänemark, beispielsweise in Korskro, sind bereits etliche ähnliche Großanlagen in Betrieb. Prognostiziert wird zudem, dass die Biogasproduktion in den USA, China und Indien bis 2030 erheblich wachsen wird. Nicht überall werden dort auch Verflüssigungsanlagen entstehen – aber das Potenzial besteht.

Mega-Bio-LNG-Anlagen entstehen europaweit

Die größte Bio-LNG-Anlage Deutschlands entsteht derzeit im Shell Energy and Chemicals Park Rheinland in Köln-Godorf. Ab der zweiten Jahreshälfte 2023 sollen dort jährlich bis zu 100.000 Tonnen eines CO2-neutralen LNG-Gemisches aus Biomethan und Erdgas produziert werden, eine Menge, die den Bedarf von 4.000 bis 5.000 LNG-Lkw deckt. In Schweden soll ebenfalls 2023 eine Anlage mit einer Kapazität von 220 GWh, erbaut durch Scandinavian Biogas AB, in Betrieb gehen. Ähnliche Pläne gibt es in Norwegen, wo der finnische Technologiekonzern Wärtsilä eine Anlage mit einer Kapazität von 25 Tonnen/Tag errichtet. Lohnverflüssiger wie die BioEnergie/Envitec übernehmen zudem zentral die Verflüssigung von Biogas von Produzenten, die nicht selbst in eine Verflüssigungsanlage investieren wollen.

Mini- und Micro-Verflüssigungsanlagen decken den dezentralen Bedarf

Aber auch kleine Anlagen zur Bio-LNG-Herstellung (Mini- oder Micro Liquefaction Plants) werden in den nächsten Jahren entstehen. Direkt an mittelskaligen Biogasanlagen platziert, können sie dazu beitragen, den Bedarf an Bio-LNG abzudecken. Doch auch im Fall der Einspeisung von Biomethan ins Erdgasnetz können kleine Anlagen zur Verflüssigung interessant sein. Zum Beispiel, wenn man das (Bio)-Methan erst dann aus dem Gasnetz massenbilanziell entnimmt und verflüssigt, wenn Bio-LNG gebraucht wird – etwa zur Betankung von Hochseeschiffen. Dies erspart Kryotanks, in denen Bio-LNG sonst zwischengelagert werden müsste.

Vorbildcharakter für viele landwirtschaftliche Betriebe haben erste integrierte Anlagen wie die in Darchau im Landkreis Lüneburg. Sie ging im August 2022 in Betrieb. Dort wird Gülle und Mist zu Bio-LNG umgesetzt. Dem Betreiber Ruhe Biogas Service zufolge kann die 500 Kilowatt-Anlage bis zu 1,3 Mio. Liter Diesel ersetzen. Die Ruhe Gruppe realisiert zusammen mit den italienischen Anlagenhersteller Ecospray Technologies unter der Marke „Green Line Liquid“ Projekte, bei welchen neben dem Biomethan auch Kohlendioxid verflüssigt werden. Eingesetzt wird ein dezentrales standardisiertes Modul, das auch die Vorbehandlung und Aufbereitung des Biogases sowie Lagertanks für die Produkte und ein Entladesystem umfasst. Es eignet sich für Biogasanlagen ab einer Größe von 500kWel (äquivalente elektrische Leistung).

Keine Kompromisse bei der Sicherheit

Für große wie kleine Verflüssigungsanlagen gilt: Sicherheit wird großgeschrieben. Denn sowohl der Ausgangsstoff Biogas wie auch Methan sind hochentzündlich. Es müssen daher bei der Erzeugung, Aufbereitung und Verflüssigung Maßnahmen getroffen werden, um Explosionen zu vermeiden. Bei Biogas – also einer Mischung aus Methan, Stickstoff, Kohlendioxid, Sauerstoff und weiteren Stoffen – besteht eine explosionsfähige Atmosphäre ab einem Biogas-Gehalt in Luft von ca. 5,0 Vol.-% (UEG, Untere Explosionsgrenze) bis 16,5 Vol.-% (OEG, obere Explosionsgrenze) bzw. nach anderen Angaben 22,0 Vol.-%. Das ist stark abhängig von der tatsächlichen Zusammensetzung des Gases. Die Zündtemperatur liegt bei etwa 700 °C. Bei Methan sind diese Werte definierter. Explosionsfähige Methan-Luft-Gemische liegen zwischen 4,4 Vol.-% und 17,0 Vol.-%; die Zündtemperatur liegt bei 595 °C. Da sich flüssiges Methan, also auch Bio-LNG, immer gerade am Siedepunkt (-161,5 °C) befindet, also laufend geringe Mengen gasförmigen Methans entstehen, gelten diese Werte auch für Bio-LNG. Methan und (Bio-)LNG gehören gemäß der ATEX- und IECEx-Richtlinien zur Explosionsgruppe IIA und zur Temperaturklasse T1 (> 450 °C Zündtemperatur).

Explosionsschutz bei Biogas-Herstellung, -Verarbeitung und -Verflüssigung

Sowohl bei der Aufbereitung von Biogas zu Methan wie auch bei der Verflüssigung und der Wiedervergasung muss der Explosionsschutz gewährleistet sein. Dies gilt etwa für die zur Förderung eingesetzten Pumpen oder auch die Kompressoren, die im Rahmen eines sogenannten Linde-Kreislaufs im Verflüssigungsprozesses eingesetzt werden. Aber auch die Beleuchtungstechnik im Bereich der Anlagen und Lagertanks sowie das Entladesystem muss explosionsgeschützt ausgeführt werden. R. STAHL verfügt über langjährige Erfahrung bei der kompletten Ausstattung sogenannter LNG-Trains mit explosionsgeschützter Technik, die auf Bio-LNG-Anlagen übertragen werden kann. Unterschiedliche Zündschutzarten, etwa Druckfeste Kapselung (Ex d), Überdruckkapselung (Ex p) oder Erhöhte Sicherheit (Ex e) kommen zum Einsatz und werden zum Teil auch kombiniert. Für Kompressoren in Zone 1 bietet R. STAHL beispielsweise eigensicher explosionsgeschützte Remote I/O-Stationen vom Typ IS1+, die besonders kompakt sind. Modulare Gehäuse erlauben die Konfiguration diverser Steuerungsvarianten und Energieverteilungen, perfekt dimensioniert für unterschiedlichste Anlagengrößen. Das breite Angebot trägt dazu bei, dass sich Verflüssigungsanlagen in jeder Größe – von der großen, zentralen Liquefaction-Anlage bis hin zur Mini- und Micro-Anlagen für Biogaserzeuger – wirtschaftlich errichten lassen.

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